Buchtipp: The Perfect Eye

Werner Mantz

13. Februar 2023

Eine prächtige Würdigung und Wiederentdeckung des deutsch-niederländischen Fotografen Werner Mantz (1901–1983).
Er gilt als einer der wichtigen deutschen Fotografen der 1920er-Jahre, der mit seinen Architekturaufnahmen vor allem dem Neuen Bauen – ganz in der Bildsprache der Neuen Sachlichkeit – eine unverwechselbare Wiedererkennbarkeit gab. Insbesondere die prägnanten Fotografien des Pavillons der Kölnischen Zeitung auf der Pressa, der legendären fünfmonatigen internationalen Presseausstellung in Köln im Jahr 1928, zählen längst zu den ikonischen Bildern der fotografischen Moderne. Ob Villa oder Siedlungsbau, Geschäftshaus oder Industrieanlage: Immer präparieren die präzisen Schwarzweißaufnahmen des Fotografen klare, überraschend kunstvolle Baukörper aus den Architekturen heraus. Im perfekten Spiel mit Licht und Schatten ging es Mantz weniger um eine Dokumentation der Objekte, sondern um eine ästhetische Zeitlosigkeit. Durch streng symmetrische Aufnahmen oder die Betonung von Teilformen spielte er gekonnt zwischen Monumentalität und der Erfahrung des menschlichen Auges. Sein Blick passte perfekt zu den Ambitionen und Vorstellungen der modernen Architekten und Stadtplaner, die ihn regelmäßig buchten, und so wurde Mantz schnell auch zu einem gefragten Fotografen für Bauzeitschriften und Magazine.

Neben August Sander, Hugo Schmölz und dessen Sohn Karl Hugo Schmölz gehörte Werner Mantz zu den prägenden Kölner Fotografen der 1920er-Jahre. Doch eine umfassende Retrospektive zu seinem Werk hat es in Deutschland bisher nicht gegeben – erfreulicherweise hat nun das Maastrichter Bonnefantenmuseum eine grandiose Werkschau mit dickem Begleitbuch aus dem Hannibal Verlag vorgelegt. Dass das Werk von Werner Mantz, rund 40 Jahre nach seinem Tod, in der niederländischen Stadt aufgearbeitet wurde, erklärt sich aus der Biografie des Fotografen. Bereits 1932 hatte er neben seinem „Atelier für Lichtbilder“ auf dem Kölner Hohenstaufenring ein zweites Studio in Maastricht aufgebaut. Nicht nur die schwierige wirtschaftliche Situation in Deutschland, sondern vor allem der aufkommende Nationalsozialismus, der ihn aufgrund seiner jüdischen Herkunft bedrohte, hatten zu diesem Schritt geführt. Nach den Novemberpogromen verließ er 1938 Köln und zog ganz nach Maastricht. Die dortige Auftragslage veränderte seine Themen: Nun fotografierte er verstärkt Menschen und vor allem Kinder sowie alltägliche Themen. Die Arbeitsweise statischer Architekturfotografie erweiterte sich zunehmend um eine spontanere Porträt- und Momentfotografie.

Im Buch und in der Ausstellung werden vor allem seine Architekturfotografien, aber ergänzend auch freie Arbeiten und insbesondere das Porträtwerk vorgestellt. „Das perfekte Auge“ ist Programm und wird in einer gelungenen Würdigung von Werk und Biografie durch zahlreiche Texte im Buch und eine großzügige Bebilderung belegt.
Ulrich Rüter
ALLE BILDER AUF DIESER SEITE: © Werner Mantz
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Werner Mantz: The Perfect Eye+-

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Mit Texten von Frits Gierstberg, Stijn Huijts, Huub Smeets, Charlotte Mantz und Clément Mantz.
320 Seiten, mehr als 300 Schwarzweißabb. und zahlreiche Illustrationen, 32 × 24 cm. Ausgaben in Englisch, Niederländisch, Deutsch.
Hannibal Books

Werner Mantz+-

Werner-Mantz-Canarische-eilanden-1931
Werner Mantz on the Canary Islands, 1931

...wurde am 28. April 1901 in Köln geboren. Mit 14 Jahren erste Aufnahmen mit einer Ernemann-Kamera; Studium an der der Lehr- und Versuchsanstalt für Photographie, Chemie, Lichtdruck und Gravüre in München von 1920 bis 1921. Sein erstes Studio eröffnete er 1921 in der Wohnung seiner Eltern in Köln, ab 1932 in Kooperation mit Karl Mergenbaum ein zweites Fotostudio in Maastricht, Niederlande. 1939 heiratet er seine Frau Grete, mit der er fünf Kinder haben wird. Das Kölner Studio wird geschlossen. 1940 wird er für drei Wochen in die deutsche Wehrmacht eingezogen, bevor er aufgrund seiner jüdischen Vorfahren wieder entlassen wird. 1971 schließt Mantz das Maastrichter Studio endgültig, bereits 1968 war er nach Eijsden umgezogen. Ab den 1970er-Jahren wird er als Architekturfotograf der Moderne in Deutschland wiederentdeckt. Mantz stirbt am 12. Mai 1983 in Maastricht. Mehr

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