ЖД - The Iron road

Grigoriy Yaroshenko

23. Dezember 2021

Neben der Schönheit und der Kraft der Eisenbahn gibt der russische Fotograf zugleich das tägliche, gewöhnliche Leben hinter dem Betrieb und auf den Gleisen wieder.
Железная Дорога (Zheleznaya doroga) – der eiserne Weg: Zwei Jahre und Zehntausende Kilometer lang erforschte Grigoriy Yaroshenko die russische Eisenbahn. Ein symbolträchtiges Zeugnis der industriellen Revolution, ein Ausdruck von Leben, Fernweh und Träumen:

„Dieses Bild wurde am Baskunchak-See, 1500 km von Moskau entfernt, aufgenommen. Es ist ein Salzsee in der Region Astrachan, einige Hundert Kilometer nördlich des Kaspischen Meeres und an der Grenze zu Kasachstan. Er fungiert als eine unerschöpfliche natürliche Ressource, da zahlreiche Quellen den See speisen, die täglich Tausende von Tonnen Salz liefern. Seit der Sowjetzeit ist der See auch als improvisierter Erholungsort bekannt, zu dem viele Menschen aus ganz Russland für sogenannte Kuranwendungen kommen. An der Küste des Sees gibt es Ablagerungen von Heilerde und Schlamm, und die Menschen glauben an ihre heilenden Eigenschaften. Es gibt dort keine Hotels oder medizinischen Zentren, da Infrastruktur auf dem Gebiet der Salzminen nicht erlaubt ist; die Menschen baden einfach überall am See. Ich habe es natürlich probiert, aber ich fand das Vergnügen sehr fragwürdig – denn die nächste Süßwasserquelle zum Abspülen der Heilmischung befand sich im 50 km entfernten Hotel.

Diese kleine Abzweigung der Eisenbahn wurde zu Sowjetzeiten für den Export von Salz gebaut. Seitdem fährt dieser rostige Zug jeden Tag im Jahr einmal vorbei. Im Frühjahr ist die Straße mit einer Wasserschicht bedeckt, die die Einheimischen ‚Salzlauge‘ nennen. Der Wasserstand kann bis zu einem Meter hoch sein. Die Arbeiten dauern noch an. Nach dem Beladen fährt der Zug im Rückwärtsgang zurück, und einer der Eisenbahner stellt sich mit einem Funkgerät auf die Trittstufe des letzten Waggons und gibt dem Lokführer Anweisungen, damit er nicht gegen etwas oder jemanden stößt.

Dies ist also ein ganz normaler Tag in Baskunchak. Nichts Außergewöhnliches. Ich schätze, wenn man nicht weiß, was auf dem Bild gerade passiert, könnte man es auch als ein Symbol für die moderne Welt ansehen: ein riesiger, rostiger Zug ohne Lokomotive und Antrieb setzt seinen Weg in eine unbekannte Richtung fort …“

Lesen Sie mehr über sein Projekt im LFI Magazin 1/2022.
Text und Bild: © Grigoriy Yaroshenko
EQUIPMENT: Leica M10 mit Summilux-M 1:1.4/35 Asph

Grigoriy Yaroshenko+-

Portrait_Yaroshenko
© Grigoriy Yaroshenko

Geboren 1971, ist ein russischer Dokumentarfotograf, Kurator, Pädagoge und Filmregisseur. Nach seinem Abschluss am Sergei Gerasimov Institut für Cinematographie in Moskau leitete er die Leica Akademie Russia (2011–13). 2019 veröffentlichte er das Buch ЖД The Iron Road – eine einjährige Reise mit der Eisenbahn durch Russland. Yaroshenko nahm als Fotograf und Filmregisseur an der 64. und 65. russischen Antarktisexpedition (2019–2020) teil. Er ist Gewinner mehrerer Auszeichnungen, u.a. The Silver Camera und Mitglied der Russischen Union der Fotokünstler. Mehr

 

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