Die Geschichte zum Cover
Die Geschichte zum Cover
Alessandro Cinque
30. September 2024
Ich kam am Abend vor dem Shooting im Haus der Familie an. Obwohl ich schon seit Jahren in großen Höhen arbeite, kostet es mich immer viel Überwindung, mich daran anzupassen. Ihr Haus in niedriger Höhe (4500 Meter) liegt etwa fünf Autostunden von der letzten Stadt Antabamba entfernt. Ich kam am Nachmittag an, an der letzten Stelle, wo ich den Geländewagen parken konnte. Danach musste ich eine Stunde laufen, um zu ihrem Haus zu gelangen. In der Nacht habe ich wegen der großen Höhe nicht gut geschlafen. Am Morgen des Shootings machten wir uns auf den Weg – wir brauchten etwa neun Stunden, um zu ihrer höher gelegenen Hütte auf 5200 Metern zu gelangen.
Körperlich war ich nicht sehr fit. Ich hatte schlichtweg keine Zeit gehabt, mich an die Höhe zu gewöhnen. Ich habe das Foto in einem Moment des Innehaltens gemacht, vielleicht auch in einem Moment der Klarheit – aber am Ende war es pures Glück. Als wir schließlich an der Hütte ankamen, war ich extrem angeschlagen. Aber dank der Naturmedizin von Alinas Vater, die aus Kokablättern und Muña bestand, konnte ich mich erholen.
Ich arbeite seit acht Jahren in den peruanischen Anden – ich habe sogar beschlossen, mein Heimatland Italien zu verlassen und nach Peru zu ziehen, um die Geschichten zu erzählen, die sich hier abspielen. In diesem Projekt geht es darum, welchen Einfluss multinationale Bergbauunternehmen in diesen Gebieten auf das Leben des indigenen Volkes der Quechua haben. In den letzten Jahren haben mir viele Leute von der Klimakrise erzählt, die die Alpakas betrifft, also beschloss ich, das Thema zu untersuchen und erhielt ein Stipendium des Pulitzer Centers, um das Projekt in die Tat umzusetzen.
Eines meiner Kapitel des Projekts besteht darin, die Transhumanz zu fotografieren, zu der die Alpakazüchterinnen – viele sind Frauen – jetzt viermal im Jahr gezwungen sind, um ein besseres Weidegebiet für ihre Tiere zu finden. Schrumpfende Gletscher und zunehmende Trockenheit haben die Weiden in den Anden ausgetrocknet und zwingen die Hirten, nach neuen Weidegründen zu suchen – oft in schwierigem Gelände. Ich verbrachte zwei Tage mit dieser Familie, schlief bei ihnen und fotografierte sie, als sie mit der Herde und ihrem Hab und Gut Weideflächen suchten.
Im Interview sagte mir Surquislla Gómez: ‚Als ich klein war, erzählte mir mein Großvater immer, wie schön es war, in diesen Tälern zu grasen. Durch den Klimawandel hat sich die Situation verändert, wir können nicht mehr so leben wie früher, und ich bin gezwungen, viele Opfer zu bringen, aber das ist mein Leben und meine Arbeit, und dank dieser kann ich meine Kinder unterstützen.‘
Ich sehe in diesem Bild die Quintessenz der peruanischen Anden. Die Beziehung zwischen Mensch, Tier und Landschaft. Ich sehe einen Kreislauf, ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Ich habe das Gefühl, eine Mutter zu sehen, die sich um eines ihrer Babys kümmert – in diesem Fall ein neugeborenes Alpaka.“
LFI 7.2024+-
Mehr über sein Projekt können sie im LFI Magazin 7.2024 lesen. Mehr
Alessandro Cinque+-
Soziale und ökologische Probleme stehen im Vordergrund von Cinques Arbeiten. 2017 dokumentierte er den Goldabbau im Senegal und den Warenschmuggel an der Grenze zwischen Irak und Iran. Während des Studiums am ICP in New York porträtierte er 2019 die italoamerikanische Gemeinde in Williamsburg und fotografierte die verlassenen Uranminen in den Navajo-Gebieten von Arizona. Mehr