Das unbewohnte Dorf

Alessandro Mallamaci

22. Oktober 2024

In seiner Serie Un luogo bello erkundet der Fotograf seine Heimatregion Kalabrien – und stößt dort auch auf die Relikte von Bauspekulation.
„Wenn ich fotografiere, habe ich normalerweise keine genaue Vorstellung von dem, was ich tue. Wenn ich mir aber die Bilder nach längerer Zeit wieder anschaue, fallen mir Details auf, die ich übersehen oder die ich vielleicht auf einer unterbewussten Ebene erfasst habe. In diesem Fall ist mir die Ähnlichkeit des Fotos mit einigen Werken des Künstlers Maurits Cornelis Escher aufgefallen. Escher ist in der Tat ein Künstler, den ich seit Jahren sehr schätze, ich besuche seine Ausstellungen und kaufe Bücher über seine Werke. Ich glaube, dieses Foto hat eine doppelte Bedeutung. Einerseits scheint es mir eine suggestive Fotografie zu sein. Wenn man es anschaut, wird man von der Komplexität der Formen und der Geometrie geleitet und vom Licht des Sonnenuntergangs in den Bann gezogen. Dieses Foto könnte eine Luftaufnahme einer postapokalyptischen Landschaft, eine Land-Art-Installation oder ein zeitgenössisches Werk sein, das en plein air ausgestellt wird.

Wir befinden uns vor einem Detail eines halb zerstörten Gebäudes, das zu einem Dorf gehörte, das nie bewohnt war. Es ist eines von vielen Beispielen für Spekulation und Verschwendung von öffentlichen Geldern. Das Dorf liegt in Aspromonte, inmitten einer unglaublichen Bergkette an der Spitze des italienischen Stiefels, und wurde, wie viele andere auch, auf komplexe Weise geplant, einschließlich einer Schule. Leider hat nie ein Kind diese Schule besucht.

Ich mag dieses Bild und finde es repräsentativ für eine bestimmte Art der Interpretation von Fotografie, gerade weil es sowohl evokativ ist – und jeder, der es betrachtet, verschiedene Bedeutungen hineinlesen kann – als auch einen Inhalt hat, der Teil einer dokumentarischen Fotografie sein könnte."
Text und Bild: © Alessandro Mallamaci
EQUIPMENT: Leica SL (Typ 601), Summicron-M 1:2/50

Un luogo bello+-

Bildschirmfoto 2024-10-10 um 11.06.37

Sein Bildband Un luogo bello ist auf dieser Seite erhältlich.

Alessandro Mallamaci+-

© Martina Procopio
© Martina Procopio

Bis 2008 arbeitete der italienische Fotograf als Botschafter und Ausbilder mit Marken wie Leica und Fujifilm zusammen. Derzeit unterrichtet er an der Akademie der Schönen Künste in Perugia. Seine künstlerischen Projekte und die von ihm gestalteten Bücher wurden auf Kunstmessen und in Galerien u. a. in China, Frankreich, Großbritannien und den USA präsentiert; seine Fotografien wurden in verschiedenen Zeitschriften und Büchern veröffentlicht. Mehr

 

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Alessandro Mallamaci