Aus gewagter Perspektive

Constantine Manos

14. Oktober 2024

Bei seiner Arbeit für das Boston Symphony Orchestra wählte der damals noch ganz junge Fotograf ungewöhnliche Mittel, um einen neuen Blick auf die Musiker zu werfen.
Der amerikanische Magnum-Fotograf Constantine „Costa“ Manos ist auch ein großer Liebhaber klassischer Musik. Als junger Mann lernte er Klarinette und später auch Flöte zu spielen. Virtuos ist er allerdings als Fotograf geworden. Seine Serie über das Boston Symphony Orchestra gehört zu seinen frühen Arbeiten und sorgte spätestens als Buchveröffentlichung für Aufsehen. „Als ich 19 Jahre alt war, wurde ich als offizieller Fotograf des Boston Symphony Orchestras in dessen Sommerresidenz in Tanglewood, Massachusetts, angestellt. Das waren aufregende Zeiten für einen jungen, musikbegeisterten Fotografen aus den Südstaaten. In Tanglewood waren damals Aaron Copland, Leonard Bernstein, Charles Munch, Isaac Stern, Rudolf Serkin, Pierre Monteux und viele andere große Musiker zu Gast. Ich glaube, ich war bei den Musikern besonders beliebt, weil ich der erste Fotograf war, der das Orchester mit vorhandenem Licht, also ohne Blitz, fotografierte. Außerdem sagte man mir, ich hätte einen charmanten Südstaaten-Akzent“, berichtet der Fotograf. 

In den folgenden Jahren setzte Manos seine Arbeit mit dem Boston Symphony Orchestra fort und veröffentlichte 1961 eine Auswahl der Aufnahmen als seinen ersten Bildband Portrait of a Symphony. Auch Jahrzehnte später erinnert sich der Fotograf in einem Interview an die Entstehungsgeschichte des Porträts des berühmten Dirigenten Charles Munch (1891–1968). Der französische Dirigent mit elsässischer Abstammung war von 1949 bis 1962 Musikdirektor des Orchesters. „Es gab eine Luke direkt über dem Dirigentenpult. Ich stahl mich früh dorthin und war dabei wirklich sehr nervös. Die Decke war zwar dick, aber es gab diese Klappe, von der ich direkt auf den Dirigenten hinunterschauen konnte. Ich klemmte meine Leica mit einem Teleobjektiv direkt an den Rand und nahm dieses Bild während eines Konzertes von oben auf. Natürlich musste ich sehr vorsichtig sein und das Bild an einer lauten Musikstelle aufnehmen, da ich ja für die Aufnahme ein bisschen Lärm machen musste. Für mich ist das Foto ein Klassiker, es symbolisiert klassische Musik und die Arbeit von Dirigenten.“
Ulrich Rüter

LFI 7.2024+-

Weitere Bilder von Constantine Manos finden Sie im LFI Magazin 7.2024. Mehr

Constantine Manos+-

Manos_ credit Charles Gauthier
© Charles Gauthier

wurde am 12. Oktober 1934 in Columbia, South Carolina, geboren. Seine aus Griechenland eingewanderten Eltern betrieben dort ein Restaurant. Schon früh entdeckte er die Fotografie für sich. Nach seinem B. A. in englischer Literatur an der Universität von South Carolina 1955 und seinem Militärdienst zog er nach New York, um als professioneller Fotograf zu arbeiten. 1961 bis 1963 lebte er in Griechenland, danach in Boston. Manos trat 1963 Magnum Photos bei und wurde zwei Jahre später Vollmitglied. Heute ist er Contributor. Seine Arbeiten befinden sich in den Sammlungen des Museum of Modern Art in New York, des Museum of Fine Arts in Boston, des Museum of Fine Arts in Houston, der Bibliothèque Nationale in Paris, des Art Institute of Chicago, des George Eastman House in Rochester und des High Museum of Art in Atlanta. Sein Buch Bostonians, eine Hommage an die Menschen dieser Stadt, wurde 1974 veröffentlicht. Die Neuausgabe von A Greek Portfolio (erstmals 1972 erschienen) erfolgte 1999, begleitet von einer großen Ausstellung im Benaki Museum in Athen. Im Jahr 1995 wurde Manos’ American Color veröffentlicht, und 2003 erhielt er die Leica Medal of Excellence für seine kontinuierliche Arbeit an diesem Projekt. Der Folgeband American Color 2 erschien 2010. Der Fotograf lebt heute in Provincetown, Massachusetts. Mehr

 

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