Behind the Scenes: Anima

Florian W. Müller

2. März 2023

Der deutsche Fotograf spricht über sein faszinierendes Fotoprojekt, das charakterstarke Porträts von teils ausgestorbenen Tierarten zeigt und die Würde der Lebewesen in anmutiger Zeitlosigkeit festhält.
„Wie alle Serien des übergeordneten Projekts Neglect, ist auch Anima ein Langzeitprojekt. Als Kind war ich häufig mit meinen Eltern in Naturkundemuseen und habe mir damals schon vorgestellt, wie es wäre, dort nachts zu sein. Im Laufe der Zeit reifte in mir die Idee, dort nachts zu fotografieren, nur mit einem einzigen Licht.

Ich habe mich beim Senckenberg Museum in Frankfurt vorgestellt und für dieses Projekt angefragt. Die Reaktion kam schnell und war sehr positiv. Dann habe ich bei Leica angefragt und auch dort sehr schnell Unterstützung bekommen. Mein Plan war schon damals, nicht ‚nur‘ im Museum zu fotografieren, sondern auch in den einzelnen Senckenberg-Forschungsinstituten. Hinter dem Namen ‚Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung‘ steckt ein großartiger Verbund von Forschungseinrichtungen rund um die biologische Vielfalt. So wollte ich in den einzelnen Forschungsinstituten unterschiedlich fotografieren, und Leica hat mir mit Ideen und Equipment für die Serien Anima, Ikarus (Vögel in der Ornithologie in Dresden) und Samsa (Insekten in der Entomologie in Müncheberg) geholfen.

Ich fotografierte nachts im Dunkeln mit einem Licht (Dauerlicht mit einem Wabenvorsatz), und der Leica SL auf einem Stativ. Teilweise hatte ich das Licht auch auf einem Stativ, teilweise wurde es von David, der mir assistiert hat, gehalten. Das war wesentlich effektiver und einfacher! Ich habe eine recht offene bis mittlere Blende gewählt (zwischen 3,5 und 8, je nach Präparat), da ich keine durchgehende Schärfe wollte; keine wissenschaftlichen Bilder, sondern eher emotionale. Da die Tiere hinter Glas, teilweise in riesigen Vitrinen verweilten, war die größte Schwierigkeit, die Spiegelungen der Lichtquelle zu minimieren. Das ging aber eigentlich sehr gut, da ich sowieso nie frontales Licht eingesetzt habe. Auch hier war die assistierende Hand Gold wert … Nach guter Planung und Vorauswahl brauchte ich pro Präparat zwischen zehn und 20 Minuten.

Wenn die Kamera aufgebaut ist, das Licht sitzt, ich auslöse und dann das fertige Bild sehe, ist das ein ganz besonderer Moment. Das Porträt des Tiers ist dann in einer Art zu sehen, die, getrennt vom ganzen räumlichen Kontext und den anderen Tieren, völlig anders, oft sanfter, lebendiger wirkt, als wenn man als Person vor der Vitrine steht. Einfach magisch.“
Text: Florian W. Müller
EQUIPMENT: Leica SL mit Apo-Summicron-SL 1:2/90 Asph

LFI 2.2023+-

Florian W. Müllers elegante Tierporträts finden Sie im LFI Magazin 2.2023. Mehr

Florian W. Müller+-

© Florian_W_Mueller-Headshot
© Florian W. Müller

Das Markenzeichen des international ausgezeichneten und ausgestellten Fotografen ist seine experimentelle Art von visueller Kommunikation, die die Betrachtenden zu einer Reflexion der Bildinhalte geradezu herausfordert. Er war von 2020 bis 2022 Mitglied des Bundesvorstands des Berufsverbands freiberuf‌licher Fotografen und Filmemacher (BFF), und er ist Mitglied der Association of Photographers (AOP) in London. Mehr

1/5
1/5

Behind the Scenes: Anima

Florian W. Müller