Rotlicht Festival: All About Analogue

28. Oktober 2024

Ein Treffpunkt für analoge Fotografie im Herzen Europas.
Im digitalen Zeitalter ist analoge Fotografie mehr als nur ein flüchtiger Trend – sie ist eine Kunstform, der sich das Rotlicht Festival vom 15. bis 24. November bereits in vierter Ausgabe widmet. Im Fokus stehen Outsider, also Menschen am Rande der Gesellschaft, deren Perspektiven und Geschichten es sichtbar zu machen gilt. Co-Direktor Michael Laubsch spricht.

LFI: Erzählen Sie uns etwas über sich selbst.
Michael Laubsch: Zusammen mit dem Gründer des Festivals, Dino Rekanovic, bin ich für ein erfolgreiches Gelingen von Rotlicht verantwortlich.Fotografie hat schon immer einen Großteil meines Schaffens ausgemacht. Aus familiären Gründen konnte ich mein Studium an der Kunstakademie Düsseldorf nicht beenden und war mehrere Jahre im politisch-journalistischen Bereich tätig. Trotzdem hatte ich stets eine Kamera in der Tasche. Nach meinem Umzug von Deutschland nach Wien vor elf Jahren entschied ich mich, der Fotografie wieder mehr Raum zu gewähren. Ich trat dem ZIGUTAMVE – Verein für zeitgenössische Fotografie bei und bin nun seit drei Jahren im Organisationsteam des Rotlicht Festivals tätig. Außerdem sitze ich, neben meiner eigenen künstlerischen Tätigkeit, in den Jurys einiger internationaler Festivals, bin Kurator und versuche, mein Wissen über analoge Fotografie in Workshops weiterzugeben.

Können Sie uns einige Informationen über Ihr Festival geben?
Das Rotlicht Festival soll eine internationale Bühne für zeitgenössische hybrid-analoge Fotografie schaffen. Dabei möchten wir die lokale Kunstszene fördern, internationale Beziehungen im Bereich der analogen Fotografie stärken sowie Wissen vermitteln. Dank der engen Zusammenarbeit mit zahlreichen internationalen Partnerfestivals – Rotlicht ist Mitbegründer des Analog Photo Festival Network (APFN) – und dem jährlichen Open Call gelingt es uns, Wien als kreativen Dreh- und Angelpunkt der künstlerischen analogen Fotografie in Zentraleuropa zu präsentieren. Sowohl renommierte als auch aufstrebende Künstlerinnen und Künstler zieht es zum Rotlicht nach Wien. 2024 findet es in vierter Ausgabe statt.

Was war die ursprüngliche Motivation für die Gründung des Festivals?
Lange hielt sich die These, dass analoge Techniken durch digitale ersetzt und nicht weiter genutzt würden – doch die analoge Fotografie erlebte im 21. Jahrhundert einen erneuten Aufschwung. Als Initiatorinnen und Initiatoren wollten wir schließlich ein Event nach Wien bringen, das den Fokus auf analoge Prozesse legt. Die Begeisterung für analoge Techniken reicht von Amateuren bis hin zu Profis und ermöglicht den Zugang zur Kunstform der Analogfotografie. ZIGUTAMVE, der Verein, der hinter der Organisation des Festivals steht, ist zudem eine rein analoge Vereinigung für Fotografinnen und Fotografen.

Natürlich wollen wir uns den aktuellen technischen Entwicklungen nicht verschließen. Daher sollen alle Arbeiten, die wir sowohl für den Open Call als auch für die Ausstellungen akzeptieren, einen hybriden Charakter haben. Das heißt, dass zumindest ein Teil der Arbeit einen analogen Bezug haben muss.

Was zeichnet das Festival und das Programm aus?
Der wohl wichtigste Unterschied des Rotlicht Festivals zu anderen vergleichbaren fotografischen Events, z. B. der Foto Wien, liegt in der Ausrichtung auf hybride künstlerische Projekte. Zumindest ein Teil eines Werks muss wie gesagt eine analoge Handschrift tragen, sonst wird es für das Festival nicht zugelassen. Lassen Sie mich das an einem konkreten Beispiel aufzeigen: Eine Künstlerin reicht ein Cyanotypie-Triptychon ein. Auch wenn die Basis des Werks ein digitales Negativ ist, wurde durch den zusätzlichen analogen Prozess ein Projekt geschaffen, das den Anforderungen von Rotlicht genügt.

Wir setzen einen Schwerpunkt auf junge aufstrebende Künstlerinnen und Künstler aus dem In- und Ausland. Dafür steht der jährliche Open Call zur Einreichung von Projekten, die das jeweilige Festivalmotto künstlerisch umsetzen. Die 20 Gewinnerinnen und Gewinner, ausgewählt von einer unabhängigen und international besetzten Fachjury, werden mit ihren Arbeiten im Atelierhauses der Akademie der bildenden Künste ausgestellt. Die Gewinnerin oder der Gewinner des Grand Prix, also das Projekt mit den meisten Jurystimmen, bekommt zusätzlich eine eigene Sonderausstellung im Rahmen des Festivals.

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Rotlicht Festivals ist die Vernetzung der lokalen Kunstszene. Unsere Kooperation mit über 30 Wiener Galerien und Off-Spaces ist integraler Bestandteil des Konzepts. Mit Workshops, Vorträgen, Fotospaziergängen und vielen weiteren Aktionen hat das Publikum die Möglichkeit, Kunst nicht nur zu erleben, sondern selbst kreativ zu werden.

Wie hat sich das Festival im Laufe der Jahre verändert?
Ich denke, wir sind unserer Philosophie treu geblieben. Das Festival hat bislang nur wenig öffentliche Förderung erhalten und ist so auf Sponsoren und Kooperationspartner angewiesen, damit die entstehenden Kosten gestemmt werden können. Momentan arbeiteten alle am Festival Beteiligten ohne finanzielle Kompensation ihres Engagements. Da das Festival jährlich stattfindet, ist der Aufwand der Durchführung sowie der Vor- und Nachbereitung entsprechend hoch.

Die Qualität der eingereichten Arbeiten hat sich im Laufe der Jahre jedoch stark verändert. Aufgrund seiner internationalen Bekanntheit ist das Rotlicht Festival mittlerweile ein fester Begriff in der Fotografieszene. Die Einreichungen machen es von Jahr zu Jahr schwerer, eine Entscheidung zu treffen – da kann ich die Jury nicht beneiden!

Können Sie ein Highlight der diesjährigen Ausgabe nennen?
Das Festival steht diesjährig unter dem Motto Outsiders. In einer hochkomplexen Welt, die durch Krisen und Konflikte geprägt ist, gilt mehr denn je, Minderheiten und Menschen jenseits der Norm zu Wort kommen zu lassen. Ihre Geschichten und Perspektiven sollen im Fokus von Rotlicht 2024 stehen. Neben den Arbeiten der Open-Call-Gewinnerinnen und -Gewinner wird das Werk von Roger Ballen zu bestaunen sein. In seinen Arbeiten holte er vermeintliche Außenseiter wiederholt in den Fokus.

Als Fotograf, der hauptsächlich mit einer Leica arbeitet, freue ich mich zudem besonders, dass wir die Marke Leica erstmals als Premium-Partner für das Rotlicht Festival gewinnen konnten.

Welche Pläne und Visionen haben Sie für die Zukunft des Festivals?
Unser Hauptaugenmerk liegt auf der öffentlichen Förderung: Langfristig kann ein Festival nicht bestehen, wenn es nicht von öffentlicher Seite unterstützt wird. Mit mehr finanziellen Möglichkeiten werden wir dann auch in der Lage sein, das Engagement aller Beteiligten in der Organisation und Durchführung des Festivals zu honorieren. Ein weiterer Aspekt ist die stärkere Vernetzung des APFN. Wir wollen enger mit anderen Festivals kooperieren, sodass wir auch von EU-Förderungen profitieren können. Doch nun freuen wir uns erst mal auf ein erfolgreiches Rotlicht Festival 2024.
Pauline Knappschneider

Michael Laubsch+-

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© Oskar Schmidt

Michael Laubsch studierte Politikwissenschaft, Osteuropäische Geschichte und Philosophie an der Universität Bonn. Nach seinem Masterabschluss wurde er außenpolitischer Referent im Deutschen Bundestag und beriet den Auswärtigen Ausschuss des Bundestages zu Osteuropa (Polen, Tschechien, Ukraine). Er arbeitete als unabhängiger politischer Berater und Leiter einer internationalen NGO mit europäischen und internationalen Institutionen zu politischen Themen in Zentralasien zusammen. Menschenrechte, Pressefreiheit und der Transformationsprozess in Osteuropa und Zentralasien waren und sind nach wie vor seine Hauptanliegen.Trotz seines beruflichen Schwerpunkts war die Fotografie schon immer seine Leidenschaft. Michaels analoge Fotoarbeit konzentriert sich auf Reportagen, Dokumentationen sozialer Interaktion und beschäftigt sich viel mit dem Herzen Europas, das für ihn im Osten und Südosten unseres Kontinents liegt. Seit 2022 ist Michael Vorstandsmitglied von ZIGUTAMVE – Verein für zeitgenössische analoge Fotografie und Co-Direktor des international anerkannten Rotlicht Festivals für analoge Fotografie.

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