Buchtipp: Burt Glinn. Half a Century as a Magnum Photographer

Burt Glinn

29. September 2023

15 Jahre nach seinem Tod erscheint eine umfangreiche Monografie zu dem legendären Bildjournalisten, Leica-Fotografen und Magnum-Mitglied.
Für Erich Lessing, ebenfalls ein legendärer Magnum-Fotograf und nur zwei Jahre älter als Glinn, gab es ein Wort, das seinen amerikanischen Kollegen am besten charakterisierte: Eleganz. Für Lessing war Glinn der Inbegriff dieser etwas aus der Mode gekommen Eigenschaft, und er bezog sich sowohl auf dessen Persönlichkeit als auch auf das fotografische Werk. Stets makellos gekleidet, war er eine kaum zu übersehende Erscheinung, nicht nur auf den Treffen der Magnum-Mitglieder. Doch auch seine präzise komponierten Aufnahmen gelten bis heute als stilbildend. Und das immer wieder auch mit Leica-Kameras.

Burt Glinn stammt aus einer anderen, vergangenen Zeit des Bildjournalismus, er erlebte dessen Hochzeiten mit hoch ausgestatteten Reportagebudgets. Doch als das Magazingeschäft für die Fotografen immer schwieriger wurde, war er auch einer der ersten, der die Geschäftsberichte erfolgreicher Unternehmen mit seiner klaren Bildsprache visuell aufwertete. Und sich damit eine finanzielle Unabhängigkeit für freie Projekte sicherte.

Nach seinem Hochschulabschluss in Literatur hatte Glinn in New York als Assistent für die Fotografen des Magazins Life zu arbeiten begonnen: Kein besserer Start wäre denkbar gewesen, traf er doch dort auch Robert Capa, der ihn einlud, in die damals noch junge Bildagentur Magnum einzutreten; 1954 wurde er neben Eve Arnold und Dennis Stock als einer der ersten Amerikaner Vollmitglied von Magnum. Nach einigen Jahren in Seattle als Vertragsfotograf für Life, wobei er ausdrücklich die weitere Beibehaltung seiner Freiberuflichkeit ausgehandelt hatte, ging er 1956 zurück nach New York, um dem Rat von Chim (David Seymour) nachzukommen, ein „globaler“ Fotograf zu werden. „Dieses Gespräch mit Chim war eines der wichtigsten meines Lebens“, bekannte Glinn später. Kurz danach erzielten seine Aufnahmen der Kubanischen Revolution internationale Aufmerksamkeit, die in brillanter Weise den Idealismus, die Begeisterung, aber auch das Chaos und die Gewalt der Revolution widerspiegelten. Bekannt wurde Glinn in der Folgezeit auch durch seine umfangreichen farbigen Reiseserien über die Südsee, Japan, Russland, Mexiko und Kalifornien für das Magazin Holiday.

Der aktuelle Bildband präsentiert die gesamte Bandbreite seiner Arbeit und Bildthemen. Vorgestellt wird die Vielfalt und die mit großer Empathie erfolgte Arbeit des Bildjournalisten, der zu einem der produktivsten Fotografen seiner Generation zählt. Für mehr als ein halbes Jahrhundert hat er die verschiedensten Themen abgedeckt: Krisen, Kriege und Konflikte, Reisen, Architektur, Wildnis, Wissenschaft, Celebrities, gesellschaftliche und kulturelle Reportagen, Unternehmenskultur. Half a Century as a Magnum Photographer vereint viele seiner wichtigsten Aufnahmen, die über eine zeitgeschichtliche Dokumentation hinausgehen und als Klassiker auf hohem Niveau zeitlos erscheinen. Ergänzt werden die Texte von der Herausgeberin Sarah Stacke und Glinns Witwe Elena Prohaska Glinn durch zahlreiche spannende Statements von anderen Magnum-Mitgliedern. Denn Glinn war nicht nur als Präsident der Agentur für die Weiterentwicklung der Kooperative wichtig, sondern er galt auch als meinungsstarker, aber auf Konsens bedachter Kollege. Mit dem Bildband ist eine überfällige Hommage gelungen.
Ulrich Rüter
ALLE BILDER AUF DIESER SEITE: © Burt Glinn

Burt Glinn. Half a Century as a Magnum Photographer+-

144 Seiten, 100 Farb- und Schwarzweißabb.
Mit Texten von Elena Prohaska Glinn, Sam Glinn, Mark Lubell, Susan Meiselas, Martin Parr, Gilles Peress, Sarah Stacke, Larry Towell, Alex Webb, Eelco Wolf. Gestaltet von Bonnie Briant
24 × 30 cm, Englisch
Kehrer

Burt Glinn+-

13_glinn_RGB
Self-portrait by Burt Glinn, USA, 1954 ©  Burt Glinn / Magnum Photos

Geboren wurde er 1925 in Pittsburgh, Pennsylvania. Nach Militärdienst, Studium und ersten Erfahrungen als Fotografenassistent trat er 1951 in die Agentur Magnum ein, wurde drei Jahre später Vollmitglied und war von 1972 bis 1975 und 1987 Präsident von Magnum. Er war als Bildjournalist auf fast der ganzen Welt unterwegs. Er fotografierte auch Werbekampagnen, und bereits ab den 1960er-Jahren begleitete er als Fotograf zahlreiche Geschäftsberichte amerikanischer Unternehmen, darunter Goldman Sachs, PepsiCo, General Motors. Mehr

1/10
1/10

Buchtipp: Burt Glinn. Half a Century as a Magnum Photographer

Burt Glinn