Kolodozero

Aleksey Myakishev

25. Januar 2021

Auf seiner Suche nach dem einfachen Leben stieß der russische Fotograf auf ein Dorf im Nordwesten Russlands, in dem die Uhren noch etwas anders ticken.
Diese Bilderserie über das Alltagsleben in dem kleinen Dorf Kolodozero in der russischen Teilrepublik Karelien nahm rein zufällig seinen Anfang. Nachdem Aleksey Myakishev es zunächst einfach genossen hatte, seine Umgebung zu fotografieren, wurde ihm allmählich bewusst, dass dieses Dorf etwas Besonderes ist. Auch viele Jahre nach seinem ersten Besuch im Jahr 2011 zieht es ihn immer wieder an diesen magischen Ort der Stille, Schönheit und Erhabenheit.

LFI: Was ist Ihrer Meinung nach so einzigartig und besonders an Kolodozero?
Aleksey Myakishev: Auf den ersten Blick ist Kolodozero ein recht gewöhnliches Dorf, es gibt Tausende solcher Dörfer in Russland. Es wurde für mich zu etwas Besonderem, als ich mehr über die Menschen erfuhr, die dort wohnen. Zudem interessierte mich die Geschichte einiger Freunde, die dem Trubel der Stadt entflohen und beschlossen, in Kolodozero zu leben. Aktuell finde ich die Geschichte meines Freundes sehr spannend, der die alte Einkaufspassage auf eigene Faust restauriert.

Wie sieht das Alltagsleben der Menschen dort aus?
Die Menschen in Kolodozero leben von der Subsistenzwirtschaft. Sie fangen Fische, gehen auf die Jagd, betreiben Holzwirtschaft und bauen Gemüse an. Es gibt dort nicht viel Arbeit, aber die Menschen überleben, so gut sie können. Junge Leute bleiben nicht im Dorf, sie gehen in die Stadt. Alte Menschen sterben und die Häuser leeren sich langsam. Aber dennoch steht das Leben nicht still. Für mich ist es interessant, diesen Kreislauf des Lebens mit der Kamera festzuhalten.

Ihre Bilder sind poetisch, ruhig und doch sehr ausdrucksstark. Welche Situationen regen Sie zum Fotografieren an?
Meine Leica ist immer dabei und ich halte jeden Moment fest, weil er sich nie wiederholen wird. Ich liebe Menschen und möchte keine Gelegenheit verpassen, mich über das Leben auszutauschen. Ich bewundere die Natur an diesen Orten, sie inspiriert mich. Solche Stille und Schönheit habe ich sonst nirgendwo gesehen. All meine Gefühle und Emotionen drücken sich in meinen Fotografien aus.

Was sind die größten Einflüsse auf Ihre Fotografie?
Das Studium der Kunst hat meine Fotografie am meisten beeinflusst. Ich habe immer versucht, das Treiben der Künstler nachzuvollziehen. Henri Cartier-Bresson, Robert Frank, aber auch Sergei Lobowikow, ein russischer Fotograf des frühen 20. Jahrhunderts, haben Revolutionen in meinem Kopf ausgelöst. 

Kolodozero wird bis zum 27. Februar 2021 zusammen mit Arbeiten von Alyona Kochetkova und Grigory Yaroshenko im Rahmen der Ausstellung East.Eyes.Effect in der Leica Galerie Wien gezeigt.

Weitere Informationen zum Bildband Kolodozero finden Sie auf bergger.com.
Danilo Rößger
ALLE BILDER AUF DIESER SEITE: © Aleksey Myakishev
EQUIPMENT: Leica M4 und Leica M-P mit Summarit-M 1:2.4/35 Asph, Summicron-M 1:2/50 Asph und Elmarit-M 1:2.8/90

Aleksey Myakishev+-

© Pavel Smertin
© Pavel Smertin

Aleksey Myakishev wurde 1971 in Kirov (Vyatka) geboren und arbeitet seit 1991 als professioneller Fotojournalist. Im Jahr 1999 zog er nach Moskau und wurde freiberuflicher Fotograf. Er schrieb für mehrere Zeitschriften, darunter Newsweek und Kommersant in Russland und Helsingin Sanomat, APU und Talouselama in Finnland. 1996 und 1997 erhielt er Stipendien des russischen Kulturministeriums, 1998 und 2001 gewann Myakishev Preise des InterFoto Festivals für Dokumentarfotografie (Moskau) für seine Serien über Pilger im Nord-Ural. Er kann auf etwa 20 Einzelausstellungen zurückblicken. Mehr

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