Nachruf: Hansgert Lambers

Als vor zwei Jahren seine große Monografie Verweilter Augenblick/Lingering Moment (Fotohof Edition, Bd. 340) erschien und eine Ausstellung im Berliner Haus am Kleistpark begleitete, konnte der 1937 geborene Berliner Fotograf auf ein beträchtliches Lebenswerk aus sieben Jahrzehnten zurückblicken. Die Auswahl belegte eindrücklich sein Gespür für die Poesie des Alltags und den entscheidenden Moment – ganz im Sinne von Henri Cartier-Bresson.

Von Lambers als „verweilter Moment“ beschrieben, animiert dieser auch Jahrzehnte nach dem Entstehen der Aufnahmen zu genauem Betrachten. Mit seiner Leica M3, die er bereits 1956 erworben hatte, einer M4 und seinen beiden M6-Kameras mit Weitwinkelobjektiv, mit denen er bis in jüngste Zeit fotografiert hat, hielt er den Alltag der Menschen fest. Immer in Schwarzweiß. Auch wenn er viele Architekturaufnahmen und Stillleben fotografierte, so lag ihm die Street Photography mit einem expliziten humanistischen Blick sehr viel näher.

Er hat nicht nur in seiner Heimatstadt Berlin fotografiert, sondern auch auf Reisen in westeuropäische Städte, aber besonders intensiv in Osteuropa. Dies lag nicht zuletzt an seinem Beruf des Wirtschaftsingenieurs, den er nach seinem Studium an der TU Berlin ab Mitte der 1960er-Jahre bis zum Eintritt ins Rentenalter für IBM ausübte. Er betreute dort die Einrichtung von Großrechenanlagen in der DDR, Polen und der ČSSR. Neben dem Brotberuf fand er Zeit für seine fotografischen Exkursionen. Er verstand sich immer als ein leidenschaftlicher Amateur – im besten Sinne.

Sein eigenes Werk ließ er meist bescheiden im Hintergrund, widmete er sich doch lieber der Förderung anderer Fotografen. So gründete er 1986 den ex pose verlag „für zeitgenössische Autorenfotografie“. Auch als Rezensent von Fotobüchern war er vielen Kennern der Fotoszene bekannt. Umso überraschender war es, ihn mit dem Erscheinen seines großen Bildbandes 2022 auch als großartigen Fotografen kennenlernen zu können. Verweilter Augenblick wurde dann auch mit dem Deutschen Fotobuchpreis Gold ausgezeichnet.

Seine sensiblen, den von ihm porträtierten Menschen zugewandten, freundlichen, oft humorvollen Aufnahmen bezeugen viel vom Charakter des Fotografen. Am 23. Juni 2024 ist Hansgert Lambers nach längerer Krankheit in Berlin verstorben.