Anything Can Happen and Probably Will

Jesse Marlow

17. September 2021

„Street Photography ist etwas, das man nicht überstürzen oder erzwingen kann“, sagt der australische Fotograf Jesse Marlow. Und so sprechen die meisten seiner Fotos – die er unterwegs während seiner täglichen Routinen aufgenommen hat – vom geduldigen Suchen, Finden und Warten auf den richtigen Moment.
LFI: Der Titel Ihrer Serie klingt wie eine Weisheit. Ist dieses Motto auch die Motivation hinter Ihrer Fotografie?
Jesse Marlow: Es ist ein Titel, auf den ich eines Tages beim Lesen eines Buches gestoßen bin und von dem ich dachte, dass er meine Herangehensweise an meine laufende Arbeit perfekt zusammenfasst. Ich liebe die Ungewissheit der Street Photography, und wenn ich wüsste, was ich morgen fotografieren würde, wäre ich schnell gelangweilt. Die Tatsache, dass ich eines Morgens das Haus verlassen kann und mit einem Foto nach Hause komme, das mich für immer begleiten wird, begeistert mich und treibt mich weiter an. Wenn ich auf die letzten 20 Monate zurückblicke, denke ich, dass der Titel auch die ungewisse Lage widerspiegelt, in der sich die Welt durch Covid-19 befindet.

Ihre Fotografien wirken wie Puzzles, die aus verschiedenen Teilen zusammengesetzt sind und immer mit einem geometrischen Ansatz fotografiert wurden. Was bedeuten Form und Geometrie für Sie?
Vielen Dank! Diese Puzzle-Analogie fasst meinen Ansatz wirklich gut zusammen. Bei einigen der eher statischen Szenen, denen ich begegne, muss ich mir wirklich Mühe mit der Komposition geben, und oft ist es der vierte oder fünfte Versuch, eine Szene zu betrachten, bis sich das Bild endlich offenbart. Ich liebe es, wenn das passiert, und es fühlt sich an, als ob das letzte Teil eines Puzzles eingefügt wird. Form und Geometrie haben in den letzten 15 Jahren immer eine große Rolle in meinen Farbarbeiten gespielt. Ohne mich davon vereinnahmen zu lassen, ist es etwas, dessen ich mir bewusst bin, wenn ich unterwegs bin. Ursprünglich wollte ich Grafikdesigner werden, und so haben Grafik und Architektur immer eine große Rolle für mich gespielt.

Der kompositorische Charakter Ihrer Aufnahmen lässt vermuten, dass Ihre Bilder inszeniert sind…
Es sind alles Zufälle, nichts ist inszeniert. Ich komponiere ganz bewusst und strebe nach Fotos, die eine bunte grafische Szene ergeben. Wenn ein menschliches Element in den Rahmen kommt, fängt alles für mich an zu funktionieren. Oft muss ich lange warten und hoffen, bis ich auf eine Szenerie stoße, die Potenzial hat – das ist der spaßige (und manchmal frustrierende) Teil meiner Arbeit. Meistens komme ich mit nichts nach Hause, aber die Tage, an denen die Dinge fotografisch zusammenkommen, sind es allemal wert.

Sie haben mit der Leica Q fotografiert, was schätzen Sie an dieser Kamera besonders?
Die Q ist die einzige Kamera, die ich seit ihrem Erscheinen im Jahr 2015 für meine persönliche Arbeit verwende. Sie hat alles, was ich von einer Kamera brauche, und ist mir in dieser Zeit nicht von der Seite gewichen. Was ich schon immer an der Q und der Q2 geliebt habe, ist ihre einfache und unkomplizierte Bedienung. Ich gehöre zu den Fotografen, die gern alles unter Kontrolle haben und die Dinge einfach halten. Bevor ich mit der Q fotografiert habe, hatte ich einige Jahre lang mit der M6 fotografiert, und für mich war der Wechsel wirklich einfach. Für mich als jemanden, der seine Arbeiten regelmäßig ausstellt, sind die zusätzlichen Megapixel in einer so kleinen, leisen und unauffälligen Kamera genau das, was ich brauche.

Weitere Bilder gibt es im LFI Magazin 7/2021 zu sehen.
Katja Hübner
ALLE BILDER AUF DIESER SEITE: © Jesse Marlow
EQUIPMENT: Leica Q, Leica Q2, Summilux 1:1.7/28

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© Jesse Marlow

...ist ein preisgekrönter, in Melbourne ansässiger Fotograf. Seine Arbeiten befinden sich in öffentlichen und privaten Sammlungen in ganz Australien, unter anderem in der National Gallery of Victoria. In den letzten 18 Jahren hat er eine Reihe von Monografien veröffentlicht, darunter die neueste, Second City. Im Jahr 2011 wurde er mit dem International Street Photographer of the Year Award ausgezeichnet und 2012 erhielt er den Bowness Prize der Monash Gallery of Art. Marlow wurde in vielen Büchern porträtiert, darunter Street Photography Now und The World Atlas of Street Photography, erschienen bei Thames & Hudson. Marlow wird von Institute Artists vertreten. Mehr

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