Erfundene Wahrheiten

Ivo von Renner

24. Oktober 2023

In seiner neuesten Serie für das Schauspiel Stuttgart zeigt der Hamburger Fotograf eine eindrucksvolle Verschmelzung von Technik, Ästhetik und fiktiver Erzählung.
In zwölf verschiedenen Szenarien präsentiert er die Aufführungen der Spielzeit 2023/24. Die Serie wird von einer zweiten Bühnenserie namens Little Stages begleitet, die 30 Jahre lang auf ihre Vollendung gewartet hat. In dieser kollagierten Darstellung werden Szenen gezeigt, in denen rennende, unbekleidete Menschen mit fantastischen Räumen in Verbindung gebracht werden.

LFI: Herr Renner, Sie haben sich für ihre Ausstellung für einige eher unkonventionelle Motive entschieden. Welche Ideen standen dabei am Anfang, und wie haben Sie diese praktisch umgesetzt?
Ivo von Renner:
Der Auftrag für das Staatstheater Stuttgart fiel vom Himmel. Für große Szenarien war ich mal sehr berühmt und habe viele Auszeichnungen erhalten. In der Werbung ist diese Zeit für Fotografen lange vorbei – dachte ich. Auf die Frage letzten Februar, ob ich „Lust hätte“, folgten zwölf Inszenierungen mit 44 Schauspielern. Als Leica-Fotograf bin ich am fünften Arbeitstag einfach morgens in die Galerie in Stuttgart gefahren und habe gesagt: „Guten Morgen, ich hab da was.“ Das war der Start. Und da meine Serie Little Stages ausschließlich auf der Leistung der Leica-Objektive beruht und auch erst drei Jahre alt ist, sind wir jetzt bei 25 Leica-Motiven. Reicht für eine Ausstellung.

Ihre Protagonisten besitzen innerhalb der einzelnen Motive immer einen gewissen Wiedererkennungswert. Welche Idee steckt dahinter, und welche Rollen spielen die Protagonisten in Ihrem Projekt im Allgemeinen?
Es liegt an meiner Handschrift. Ich habe seit 50 Jahren eine sehr feste Vorstellung, wie ich mit Weitwinkel Menschen inszeniere, und, was unbekleidete Menschen angeht, eine sehr klare Auswahlvorstellung. Meine Protagonisten erzählen immer eine Geschichte, und selbst in eingefrorenen Posen scheinen es zufällige Schnappschüsse zu sein.

Welche Rolle spielt Licht als Gestaltungsmittel in diesem Projekt?
Ohne Licht kein Bild, ohne Licht kein Drama. Licht ist kein Zufall. Ich beginne immer zuerst mit dem Raum und der Beleuchtung, dann kommen die Protagonisten ins Motiv.

Sie haben für einige Motive die Leica SL-2 benutzt. Wie hat sich die Arbeit mit der Kamera gestaltet?
Mit der SL2 ist mein Leben nun endlich gekrönt. Größe, Leistung und Menü sind das Optimum dessen, was man sich wünschen kann. Ich hatte einige gute Kameras. Jetzt bin ich Leica. Und so werde ich weitermachen. Oder, wie der Buchillustrator Janosch in einem seiner Kinderbücher schreibt: „Freude ist für jeden schön.“ Wer einmal mit einer Leica gearbeitet hat, wird sie wohl kaum wieder aus der Hand legen. 

Vom 27. Oktober 2023 bis zum 13. Januar 2024 werden in der Leica Galerie Stuttgart 40 Fotografien präsentiert, die in limitierter Auflage käuflich erworben werden können.
Tabea Hofmann
ALLE BILDER AUF DIESER SEITE: © Ivo von Renner
EQUIPMENT: Leica SL2, Super-Elmar-M 1:3.8/18 Asph

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© Ivo von Renner

Studierte zunächst Buchillustration und Grafik Design und brillierte im Examen durch Photographie. Durch eine Bildstrecke für ein Weingut am Rhein wurde das Zeitmagazin auf ihn aufmerksam. Der Stern kam hinzu und Fotoillustrationen mit gestellten Szenen öffneten ihn den Weg in die Werbung. Die nächsten Dekaden waren geprägt von langen Kampagnen, die auf der ganzen Welt realisiert wurden. Mit Autos und Menschen arbeitete er fortan für Werbeagenturen in Deutschland, Schweiz, Österreich, Italien, Spanien, USA und China auf Reisen in insgesamt 29 Ländern. Auf jeder Reise entstehen eigene Werke. Mehr

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