Das Fenster zum Hof

Stephanie Steinkopf

24. November 2014

„Nigar ist 34 Jahre alt, verheiratet und hat drei Kinder. Sie ist im Alter von sieben Jahren aus der Türkei nach Österreich gekommen. Nach der Schule wollte sie eine Ausbildung zur Friseurin machen, doch ihre Mutter war dagegen.“
„Nigar ist 34 Jahre alt, verheiratet und hat drei Kinder. Sie ist im Alter von sieben Jahren aus der Türkei nach Österreich gekommen. Nach der Schule wollte sie eine Ausbildung zur Friseurin machen, doch ihre Mutter war dagegen – sie berühre dort die Haare anderer Männer. Heute bereut es Nigar, keine abgeschlossene Ausbildung gemacht zu haben. Ihr Mann ist psychisch krank und ihr fällt die Decke regelrecht auf den Kopf. Sie will, dass ihre Kinder eine gute Schulbildung erhalten. Alle Frauen der Familie möchten, dass ihre Töchter selbstständig und unabhängig werden.

Ich traf Nigar im Straubinger Viertel in Wels, wo ich im Auftrag der Galerie der Stadt fotografierte. Sie ist eine sehr beeindruckende junge Frau. Mit ihrer Hilfe öffneten sich die Türen zu den anderen Familien und ich war als Fotografin willkommen.

Das Straubinger Viertel in Wels hat einen hohen Migrationsanteil zu verzeichnen und ist mit der politischen Instrumentalisierung von Seiten der rechtspopulistischen Parteienlandschaft konfrontiert. In den letzten Jahren gab es keine positive Berichterstattung in den Medien. Kriminalität, Gewalt, Ghetto und Islam sind häufig angewandte Schlagworte. Die zunehmenden Vorurteile gegenüber der muslimischen Bevölkerung in der Nachbarschaft sind spürbar.“

Stephanie Steinkopf+-

Geboren 1978 in Frankfurt/Oder. Nach einem Magister in Musikethnologie, Neuere Geschichte und Lateinamerikanistik studierte sie Fotografie an der Ostkreuzschule in Berlin. Sie wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem ersten Platz beim Vattenfall Fotopreis 2012 und dem European Photo Exhibition Award 2013. Seit 2014 ist sie Mitglied bei der Agentur Ostkreuz. Sie lebt in Berlin. Mehr

 

Das Fenster zum Hof

Stephanie Steinkopf