Eins mit dem Wasser
Eins mit dem Wasser
Kerstin Kuntze
12. September 2018
Kerstin Kuntze: Glückselig strahlend fand man mich schon als Kind im Wasser und beim Bildermachen. Als leidenschaftliche Schwimmerin bin ich bereits seit zehn Jahren im Freibad oder See unterwegs, mittlerweile mindestens dreitausend Meter täglich. So entstand 2012 fast zwangsläufig der Zyklus Wasserlust° | SWIMPOPLOVE° als Vereinigung von Kunst & unbändiger Wasserlust.
Welche fotografischen Herausforderungen gilt es bei der Unterwasserfotografie zu bestreiten, die es beim Fotografieren an Land nicht gibt? Worauf kommt es ganz besonders an?
Man sollte das Wasser lieben und als seinen Liebhaber gut kennen. Er zeigt sich so vielgestaltig: mal glänzend glatt, wie frisch gekämmt, oder wild schäumend, in heftigsten Wellen, dunkelschwarz, sonnengrell, in überraschenden Spiegelungen… Auch nach unzähligen liquiden Umarmungen entdecke ich immer wieder Neues.
Hätte ich Angst zu ertrinken, könnte ich mich kaum auf das Einfangen der spannendsten Momente konzentrieren. Ebenso wie die Vereinigung mit dem Wasser muss ich auch mit meiner Kamera eins werden, da ich unter Wasser nicht manuell fokussieren kann. Ich muss mich auf meine Technik verlassen, damit ich intuitiv arbeiten kann. Deshalb liebe ich meine Leica X-U. Sie ist qualitativ bestechend und ich kann mich ganz ohne belastendes Gehäuse dem Bilderfang hingeben.
Für mich strahlen Ihre Bilder Besonnenheit und viel positive Energie aus. Gibt es eine Kernaussage, die ihre Aufnahmen verbindet?
Ich mag Besonnenheit als Synonym für bewusste, kraftvolle Gestaltung. Positive Energie steckt wohl in allem, was man voller Begeisterung betreibt. Ich liebe das, was ich zeige und finde große Schönheit in jedem Menschen – selbst im kleinsten Luftbläschen.
Die Sensation der kleinen Augenblicke reizt mich. Ich will Flüchtiges in Bleibendes verwandeln und zeitlose Ikonen schaffen, die das Leben feiern. Schwimmen lässt mich das Leben deshalb in aller Wucht spüren. Meine Bilder sollen ergreifen, mitreißen, berühren – sowie das Wasser mich berührt.
Die Lichtbedingungen unter Wasser sind umso schwieriger, je tiefer man taucht. Welche Rolle spielt die Bildbearbeitung im Nachhinein bei Ihren Aufnahmen?
Das Wasser frisst gierig Licht und Farben. Deshalb spielt die Bildbearbeitung eine sehr wichtige Rolle. Da ich stets versuche, aus Verschleiertem etwas Einzigartiges zu gestalten, verbergen die Bilder auch gar nicht die grafische Bearbeitung.
Ich lege die Bilder frei, befreie sie vom blaugrauen Dunst, betone Details, lasse andere verschwinden. Ohne meine getreuen Gefährten Lightroom & Photoshop wäre das nicht möglich.
Ihre Motive spielen sich stets knapp unter der Wasserfläche ab. Haben Sie bereits überlegt, tiefer zu tauchen, um Fotos von der Unterwasser-Flora und -Fauna zu machen?
Bei meinen Aufnahmen tauche ich meist zwei bis drei Meter ab, im Freiwasser oder Sprungbecken auch mal bis zu fünf oder sechs Meter. Da mich am meisten die Verbindung von Mensch und Natur beschäftigt, findet man in meinem Werk kaum reine Naturaufnahmen. Das freie Schwimmen fasziniert mich. Ich kann mir nicht vorstellen, mich in einen Neoprenanzug zu zwängen, um dann mit massiver Technik zu tauchen. Was ich mir allerdings durchaus vorstellen kann, ist das Apnoe-Tauchen, um neue Perspektiven zu gewinnen.
Kerstin Kuntze+-
Kerstin Kuntze wurde 1965 in Köln geboren und wuchs mit drei jüngeren Geschwistern in Meerbusch auf. Nach ihrem Grafikstudium an der renommierten Folkwang Universität der Künste wirkte sie als Art-Direktorin in großen Werbeagenturen. Seit 2000 lebt, schwimmt und arbeitet sie als freie Künstlerin mit Ihrem Mann und drei Kindern am Frankfurter Feldrand. Mehr