42553 Neviges

Norbert Molitor

29. Juni 2023

Jeden Tag ein Bild: Mit beeindruckender Konsequenz dokumentiert Norbert Molitor schon seit Jahren das Leben in der deutschen Provinz.
Er ist kein bisschen müde, wenn man ihn auf die Fotografie anspricht: Blogger und Hobbyfotograf Norbert Molitor ist Tag für Tag mit seiner Leica X unterwegs, um das Alltagsleben in seinem Heimatort zu dokumentieren. Mittlerweile ist sein Fundus auf nicht weniger als 28 000 Bilder angestiegen. Dieses Durchhaltevermögen brachte ihm letztendlich sogar einen Grimme-Preis für seinen Blog 42553 Neviges ein.

LFI: Sie schießen schon seit 2008 jeden Tag ein Foto in der Provinz von Neviges. Woraus ist diese Routine erwachsen, wie ist sie entstanden?
Norbert Molitor:
Alles fing damit an, dass ich beim Aufräumen einen Umzugskarton mit alten Fotos in der Hand hatte und – blöde Geschichte – in den Papiercontainer beförderte. Ich wollte neu anfangen mit der kleinen digitalen Leica und einfach irgendetwas fotografieren, wo es eigentlich eher wenig zu fotografieren gibt. Und: Meine Bilder sollten endlich gesehen werden. Am Anfang war 42553 Neviges ein anonymes Projekt ohne Impressum und kaum beachtet.

Ihr Blog erlangte dann schnell große Bekanntheit und wurde sogar mit einen Grimme-Preis ausgezeichnet. Haben Sie damit gerechnet? Wie bewerten Sie diese Popularität?
Inzwischen wurde der Blog über 3,4 Millionen Mal aufgerufen. Das liegt nicht nur an den konsequent schwarzweiß fotografierten Motiven, sondern auch an den kurzen Texten, die von der Grimme-Jury gesehen wurden, womit ich nie gerechnet habe. Ohne den Grimme Online Award wäre meine Sicht auf Neviges nie bekannt geworden. Und noch etwas: Was in Neviges passiert oder nicht passiert, gibt es in jeder deutschen Kleinstadt. Viele Leserinnen und Leser von außerhalb sehen ihren Ort gespiegelt.

Wie kam es zum Wechsel vom R-System zum X-System, und wie ist es, mit dem Leica X-System zu fotografieren?
Das R-System war wunderbar, das X-System war für meine Arbeit sofort besser: Dieses einfach zu bedienende Menü, diese Handlichkeit und schnelle Vertrautheit. Inzwischen fotografiere ich mühelos aus der Hüfte, ohne aufs Display schauen zu müssen. Und: Die Kamera ist immer dabei. Ich möchte nicht als Fotograf erkannt werden, sondern unauffällig und flüsterleise fotografieren. Mein Vater, der mir die erste Leica R schenkte, sagte immer: Eine Leica ist was fürs Leben.

Was gibt Ihnen die Motivation, dieses Projekt immer weiter fortzusetzen?
Routine. Und Spaß. Ich fotografiere schnell, 1/30 Sekunde reicht fast immer, und schreibe so fix, wie ich mit einer Hand tippen kann. Meist nachts um drei, wenn es in Neviges mucksmäuschenstill ist. Mein Blog gefällt übrigens nicht allen. Auch das ist wunderbar und spornt an. Für Hofberichterstattung fühle ich mich nicht zuständig.
Danilo Rößger
ALLE BILDER AUF DIESER SEITE: © Norbert Molitor
EQUIPMENT: Leica X1, Elmarit 1:2.8/24 Asph.; Leica X2. Elmarit 1:2.8/24 Asph.

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molitor
© Anna Schwartz, Wuppertal

Der gebürtige Wuppertaler ist Designer für Messe- und Ausstellungsprojekte, Buchautor, Stühlezeichner, erfolgreicher Dorfblogger und wohnt umgeben von vielen Büchern mit seiner Italienerin in einem rund 340 Jahre alten Fachwerkhaus in Neviges. Es gibt schönere Orte auf der Welt, sagt er, aber kaum bessere zum Leben, weil es in Neviges kaum Gelegenheit zum Geldausgeben gibt. Zurzeit arbeitet er an seinem zweiten (bebilderten) Buch über das Trinken mit dem Titel: Einen trinken wir noch, dann gehen wir nach Hause. Fotos hat er reichlich, am Text „fummelt“ er schon längere Zeit.  Mehr

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