Quarantäne im Nirgendwo
Quarantäne im Nirgendwo
Jo Fischer
29. Mai 2020
„Die Corona-Pandemie war noch weit weg, als ich mich mit dem Wagen auf den Weg nach Finnisch-Lappland machte. Es sollte ein kurzer Roadtrip von maximal zwei Wochen werden, denn die nächsten Jobs waren schon unter Dach und Fach und ich wollte die Gelegenheit nutzen, noch einmal bei Eis und Dunkelheit in den Norden zu reisen. Ich hatte kaum Zeit, mich auf die Fahrt zurück in den Winter vorzubereiten, und griff das, was ich schnell gefunden habe. Als ich im Norden von Finnland ankam, hagelte es E-Mails mit Absagen für alle Jobs auf unbestimmte Zeit. Es hatte den Anschein, als stünde die Welt für einen Augenblick still und niemand habe eine Antwort darauf, wie es weitergeht.
Nach Berlin zurück in die Quarantäne war in diesem Moment keine Option, dazu noch der Lockdown, das Gefühl eingesperrt und nahezu bewegungsunfähig zu sein. Also blieb ich im Norden und machte mich auf eine mehrmonatige Reise mit minimalem Equipment. Ich hatte vor, den Lockdown in Lappland auszusitzen. Alleinsein ist für mich kein Problem, doch in den zähen Wochen in der Weite Lapplands war es teilweise sehr schwer, die Einsamkeit zu ertragen. So oft es ging, suchte ich Kontakt zu Menschen und porträtierte sie. Plötzlich wurde ein Smalltalk an der Kasse einer Tankstelle zum Highlight des Tages.
Auch wenn auf dieser Reise viel mehr Fotos und Geschichten entstanden sind, möchte ich mich an dieser Stelle auf den einsamsten Teil meiner Reise konzentrieren.“
Jo Fischer+-
1970 in Berlin geboren, aufgewachsen in Venezuela und Kuwait. Fischer war 20 Jahre Musiker, bis er 2008 den Weg zur Fotografie fand. 2010 folgte die erste Einzelausstellung in Hamburg, 2012 wurde er mit seiner Serie „Herr Fischer bittet zu Tisch“ in die Hamburger Deichtorhallen eingeladen und 2015 für den Kolga-Award nominiert. Fischer ist Dauerreisender und immer auf der Suche nach Geschichten. Mehr