Apropos Visionär: Der Fotograf Horst H. Baumann
Apropos Visionär: Der Fotograf Horst H. Baumann
Horst H. Baumann
19. Januar 2023
Seine Bande, 1950er-Jahre
Baumann definierte sich selbst gern als „Lichtkünstler“, denn Fotografie, Multivision und Laserkunst waren für ihn einfach nur unterschiedliche Möglichkeiten, sich über das Medium Licht auszudrücken. Zu seinen wichtigsten Laserskulpturen, die er ab den 1970er-Jahren schuf, gehört der Laserscape, der 1977 anlässlich der documenta 6 in Kassel erstmals als permanente Laserskulptur strahlte und bis heute ein Wahrzeichen der Stadt ist. Doch bevor er sich ganz der Laserkunst widmete, hatte Baumann bereits eine rasante Karriere als Fotograf gemacht: Schon mit Anfang 20 veröffentlichte er seine ersten Aufnahmen, war für die Werbung tätig sowie ab 1959 regelmäßig mit Bildstrecken im legendären Magazin Twen vertreten. Und nicht zuletzt mit seinen farbfotografischen Arbeiten war er seiner Zeit weit voraus.
Das Ruhrgebiet und der Alltag der Menschen sind von Anfang an ein fester Bestandteil in Baumanns frühen Schwarzweißaufnahmen. Empathisch und mit großem Interesse an sozialen Themen fand er früh seine eigene fotografische Bildsprache. Noch aus dem vermeintlich banalsten Sujet wusste Baumann durch den gezielten Einsatz partieller Schärfe, durch kühne An- oder Ausschnitte, dynamische Perspektiven oder ein Spiel mit Vorder- und Hintergrund seine Art von Fotografie zu formen. So überraschte und irritierte er immer wieder und wusste sich vom eher journalistischen Zugriff seiner Zeitgenossen abzusetzen. Und früh begriff er auch die damals noch junge Farbfotografie als künstlerische Herausforderung. Ganz im Sinne von „New Color“, aber Jahrzehnte vor der Etablierung dieser Kategorie in den USA, fotografierte Baumann nicht einfach nur farbig, sondern er nutzte die Farbe spektakulär als Stil- und Ausdrucksmittel. Am bekanntesten wurden seine Bilder aus der Formel 1 in den 1960er-Jahren.
Die Leidenschaft für die Laserkunst ließ das fotografische Werk in den Hintergrund rücken, denn für Baumann zählte immer nur die Gegenwart. Mit der aktuellen Ausstellung in Mannheim kann jetzt die Vielfalt seiner Fotografie, ob im Auftrag für Magazin und Werbung oder als freie Arbeit, fulminant wiederentdeckt werden.
Die Ausstellung der Reiss-Engelhorn-Museen, Museum Bassermannhaus und Museum Peter & Traudl Engelhornhaus, läuft bis zum 25. Juni 2023 // C4,12, 68159 Mannheim. Auf dem Leica Camera Blog findet sich ein Interview mit dem Kurator Hans-Michael Koetzle. Begleitend zur Ausstellung wird im Steidl Verlag ein umfangreiches Buch publiziert.
LFI 1.2023+-
Mehr über die Arbeiten von Manfred Baumann finden Sie im LFI Magazin 1.2023. Mehr
Horst H. Baumann+-
Am 19. Juni 1934 in Aachen geboren. 1954 Beginn des Studiums der Hüttenkunde, das er nach vier Jahren aufgibt, um endgültig als Fotograf zu arbeiten. Seine erste Leica erwarb er 1952, zahlreiche Auszeichnungen und Veröffentlichungen folgten und führten zu raschem Erfolg. Baumann unternahm viele Reisen und experimentierte intensiv mit den Möglichkeiten der Farbfotografie. Er starb am 24. Mai 2019 weitgehend vergessen in Düsseldorf. Seine Tochter übergab den erhaltenen Bildnachlass (ca. 3500 Schwarzweißfotografien, ca. 750 Farbabzüge, ungezählte Dias und zahlreiche Dokumente, Zeitschriften und Bücher) zur Bearbeitung an ZEPHYR – Raum für Fotografie in den Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim. Mehr
Seine Bande, 1950er-Jahre
Vor meiner Bude, 1954
Hüttenwerk, 1954
Scandale, Paris, ca. 1960
Juliette Gréco, 1962
Basler Festnacht, 1961
Aus der Serie Stahl, 1961
Jim Clark im Cockpit seines Formel-1-Wagens, Großer Preis von Deutschland, 1962
Jim Clark im Lotus, 1963