Nachruf: Fred Herzog

Fred Herzog

13. September 2019

Es gibt einen weiteren Verlust in der Fotowelt zu beklagen: Am 9. September 2019, demselben Tag wie Robert Frank, ist auch Fred Herzog in Kanada mit 88 Jahren verstorben. Wie auch bei Frank galt Herzogs fotografisches Hauptinteresse der Street Photography.
Es gibt einen weiteren Verlust in der Fotowelt zu beklagen: Am 9. September 2019, demselben Tag wie Robert Frank, ist auch Fred Herzog in Kanada mit 88 Jahren verstorben. Wie auch bei Frank galt Herzogs fotografisches Hauptinteresse der Street Photography.

Doch Herzogs Street Photography war farbig und die angemessene Aufmerksamkeit erhielt sich auch erst viele Jahre nach ihrem Entstehen. Kodachrome-Diafarbfilm und seine Leica bildeten für den in Deutschland geborenen und seit 1952 in Kanada lebenden Fotografen die perfekte Symbiose. Herzogs Entscheidung, ab Ende der fünfziger Jahre fast ausschließlich mit dem Kodachrome-Film zu arbeiten, ließ sein Werk zu einer späten Entdeckung werden. Nicht nur fasziniert die typische Strahlkraft der Kodachrome-Farben seiner Diapositive bis heute, sondern die früher nur als Projektionsbilder gezeigten Motive erreichten erst mit digitalen drucktechnischen Möglichkeiten ihr großes Publikum in Ausstellungen und Publikationen.

Seit 1935 gab es den Kodachrome-Film, ein äußerst feinkörniger, farblich nuancenreicher, vor allem aber auch sehr farbstabiler Diapositivfilm, der insbesondere für den Amateurmarkt und den heimischen Diaprojektor produziert wurde. Der Film war das ideale Material, um die bevorzugten Motive des Fotografen festzuhalten: die Farben der Straßen und Häuser, hier vor allem die leuchtenden, glänzenden Farbanstriche, die zu gedeckten Tönen verwitterten, die subtilen Holz- und Steinstrukturen, aber ebenso auch die nuancierten Stoff- und Hautschattierungen bei Porträtaufnahmen. Der eigentliche Nachteil des Films, nicht besonders lichtempfindlich zu sein und die damit verbundenen langen Belichtungszeiten, konnte Herzog für sich als Vorteil nutzen: Er bevorzugte nun langsame Beobachtungen, fotografierte sparsam und durch sein Training war es ihm möglich, seine Leica selbst bei Belichtungszeiten von einer halben Sekunde im nächtlichen Neonlicht ruhig zu halten.

Herzog war nicht im Sinne eines Henri Cartier-Bresson auf der Suche nach dem „entscheidenden Augenblick“, sondern ihn faszinierte das historisch Gewachsene der Stadt Vancouver genauso wie das Zufällige, die spontanen Situationen des Straßenlebens. Über die Jahre entstand so Herzogs unverwechselbares Werk, immer im Selbstauftrag, ohne Termindruck und ohne Vorgaben von Dritten konnte er ganz seinen eigenen Interessen und ästhetischen Überzeugungen folgen: „Ich wollte die Welt so zeigen, wie sie ist“, begründete er seine Entscheidung für die Farbe. Spät entdeckt, zählen die Motive seiner Wahlheimatstadt Vancouver zu den bedeutendsten Serien der frühen Farbfotografie.
Ulrich Rüter
ALLE BILDER AUF DIESER SEITE: © Fred Herzog

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Self-Portrait, 1959 © Fred Herzog und Equinox Gallery

Als Ulrich Herzog am 21. September 1930 in Bad Friedrichshall bei Stuttgart geboren, wanderte er nach dem frühen Tod der Eltern 1952 nach Kanada aus und lebte zunächst in Toronto und Montreal, ab 1953 in Vancouver. Als medizinischer Fotograf arbeitete er dort in einem Krankenhaus, bis er 1961 an die University of British Columbia wechselte, um dort eine fotografische Dokumentationsabteilung in der Medizintechnik aufzubauen. Seine erste Leica, eine M3, kaufte er 1957, später kam eine Nikon F hinzu. Die Vielfalt seines farbfotografischen Werkes wurde erst spät bekannt, dann aber umso mehr publiziert und ausgestellt. Am 9. September 2019 ist Herzog in Vancouver gestorben.

Buchtipp:
Fred Herzog: Modern Color (with text by David Campany, Hans-Michael Koetzle and Jeff Wall), 320 Seiten, 264 Farb- und Schwarzweißabbildungen, Hatje Cantz 2017

LFI präsentierte Fred Herzog mit einem umfangreichen Portfolio in der Ausgabe 5/2017. Mehr

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