Ein Pflanzenkrimi

29. August 2024

Bis zum 22. September 2024 ist im Stadthaus Ulm die Ausstellung Das Petunien-Gemetzel von Klaus Pichler zu sehen.
Petunien in leuchtendem Orange? Verblüfft blieb der Biologe Teemu Teeri 2015 in Helsinki vor einem Blumentrog stehen. Er brach ein paar Stängel ab und untersuchte sie im Labor. Das war der Beginn des Petunien-Gemetzels, das zur weltweiten Vernichtung aller orangen Petunien führte. Im Mai 1990 wurden auf dem Gelände des Max-Planck-Instituts für Züchtungsforschung in Köln 30.700 gentechnisch veränderte Petunien ausgepflanzt. Den Pflanzen war ein Gen von Maispflanzen eingesetzt worden, das die Petunien lachsfarben statt weiß blühen ließ. Es war das erste Mal, dass gentechnisch veränderte Pflanzen in Deutschland unter freiem Himmel wachsen durften. Vorausgegangen waren lange parlamentarische Diskussionen, aufwendige Genehmigungsverfahren und heftige Proteste von Umweltschützern. Nach dem Versuch wurden alle Pflanzen zerstört, um eine Verbreitung der gentechnisch veränderten Petunien zu verhindern.

Das Projekt des Wiener Fotografen Klaus Pichler Das Petunien-Gemetzel basiert auf der wahren Geschichte der orangefarbenen Petunien. Es erzählt von den Folgen von Teemu Teeris Entdeckung. Es geht zurück auf die Ursprünge der orangefarbenen Pflanzen und ihrer mysteriösen „Flucht aus dem Labor“. Schließlich erklärt es, warum die orangefarbenen Petunien als „illegal“ eingestuft wurden, nachdem sie über 25 Jahre lang ohne Genehmigung gezüchtet und verkauft wurden, was 2017 zu ihrer weltweiten Zerstörung führte – bis 2020 wurden 143 Varianten der orangefarbenen Petunien entdeckt, die alle dieselbe gentechnische Sequenz aufwiesen wie die der Pflanzen des Versuchs von 1990.

Die Geschichte der orangen Petunien ist mehr als eine wissenschaftliche Anekdote – sie ist eine Parabel dessen, was passieren kann, wenn wissenschaftliches Interesse, kommerzielle Marketinglogik, gesellschaftspolitische Werte, öffentlicher Diskurs und unerwartete Zufälle aufeinanderprallen. Bei der von Dr. Raimund Kast kuratierten Ausstellung im Stadthaus wird auch ein großes Petunienfeld als Blickfang für die Besucher installiert – selbstverständlich ohne gentechnisch veränderte Pflanzen.
Katrin Ullmann
1/7
1/7

Ein Pflanzenkrimi