Chicos del Morro

Motorräder sind ein wichtiges Transportmittel in Peru, für Menschen und für Waren. Während der Pandemie explodierte ihre Zahl. Mit den Fahrzeugen etablierte sich eine neue Motorradkultur. Motorräder sind in Peru zu einem Kulturgut für die Jugendlichen geworden, ein Werkzeug für Arbeit und Freizeit, mit dem sich die Leute neue Räume in der städtischen Umgebung erschließen. Insbesondere Jüngere haben ihren eigenen Motorrad-Style entwickelt. Hier gibt der Fotograf Einblicke in die Arbeit an seiner Serie Chicos del Morro, die wie eine Fashion-Serie anmutet – und auch eine ist.

LFI: Erzählen Sie uns etwas über die Motorradkultur in Peru.
Chris Rinke: Mit dem Einzug der Pandemie in Peru und dem Bedarf an „kleinem Gütertransport“ stieg der Verkauf von Motorrädern mit geringer Hubraumleistung (bis zu 200 ccm) sprunghaft an. Im Jahr 2020 und 2021 wurden durchschnittlich 1.100 Motorräder pro Tag verkauft (45 Motorräder pro Stunde), was beeindruckend war. Dies führte zu einer neuen Motorradkultur in der Hauptstadt. Junge Menschen, die zuvor als Passagiere gereist waren, begannen aufgrund von Arbeitsmöglichkeiten und dem geringen Preis von Motorrädern (manchmal gemeinsam mit anderen) Motorräder zu kaufen und als Teilzeit- oder Vollzeittransporteure zu arbeiten. In ihrer Freizeit gingen sie in Gruppen aus, erkundeten „verlassene“ Stadtteile mit ihren Motorrädern und übten Tricks.

Bitte sagen Sie etwas zum Titel der Serie, Chicos del Morro, zu deutsch „Die Jungs vom Hügel“.
„El Morro“ ist nicht einfach irgendein Hügel, sondern in Lima und sogar in ganz Peru steht „El Morro“ speziell für einen bestimmten Ort. Wenn man auf Spanisch nach dem Wort „Hügel“ sucht, erhält man eine andere Bedeutung. In Lima, genauer gesagt, bezieht sich El Morro auf einen speziellen Hügel namens El Morro Solar. Eine wörtliche Übersetzung wäre daher irreführend. Stattdessen würde ich sagen, dass es sich um einen Ort handelt, nämlich einen Hügel in Lima, der offiziell Morro Solar heißt.

Wie sind Sie auf die Idee zur Serie gekommen?
Ich arbeite seit ein paar Jahren an einem Projekt über die Motorradsubkultur in Peru. Als ich mit meinem Freund Manolo Pérez de la Rosa, Art Director im Kreativbüro Morbo in Lima, darüber sprach, schlug er mir diese Jungs vor. Gemeinsam haben wir die Geschichte als eine Art Modereportage entwickelt.

Das zeigen auch die Bilder. Inwieweit sind sie eher als Fashion-Serie gedacht als als Reportage?
Die Story war von Anfang an als eine Fashion-Reportage gedacht. Wir glauben, dass der Stil, den diese Jungs mitbringen, in dieser Subkultur von großer Bedeutung ist.

Wo und wann haben Sie die Serie fotografiert?
Im Februar 2023 in Lima, genauer gesagt in Chorrillos, einem enigmatischen und wunderschönen Viertel am Meer, in dem noch schöne koloniale Häuser stehen, die alle langsam verfallen. Dieser Bezirk ist einer der letzten, der nicht von Gentrifizierung betroffen ist und sich direkt am Meer befindet. Dort liegt auch das eigentlich denkmalgeschützte Areal des Morro Solar, von dem sich wie gesagt der Name der Serie herleitet, ein Hügel, der nur aus Sand und Gestein besteht, aber historisch wichtig für die Stadt ist. Außerdem bietet er eine wunderschöne Aussicht über die flache Stadt Lima.