Not Myself
Not Myself
Benjamin McMahon
17. März 2020
Kristin Scott Thomas
Benjamin McMahon: Ich mache regelmäßig Porträts für verschiedene Magazine und Institute oder Galerien. Daher habe ich viele Schauspieler und Künstler fotografiert und war irgendwann frustriert, so wenig Zeit zu haben. Mit Glück eine halbe Stunde, im schlimmsten Fall nur fünf Minuten. Am Anfang gab mir jemand zehn Sekunden. Ich fragte mich, wie ich in dieser Zeit etwas Unvergessliches machen könnte und hatte den Einfall, dem Porträtierten selbst die Kontrolle über die Kamera zu geben. Wenn ich so vorginge, käme vielleicht etwas heraus, was ich in einem so kurzen Shooting nicht erreichen kann.
Wie funktioniert der Ablauf?
Nach einem Auftrags-Shooting habe ich den Betreffenden von meinem Projekt erzählt und sie gefragt, ob sie etwas Zeit dafür hätten. Ich sagte ihnen, dass sie ein Selbstporträt in einem Spiegel anfertigen sollten. Ich hoffte, sie würden ein Selbstporträt machen, kein Selfie. Zu meinem Erstaunen haben nur Wenige abgelehnt. Zusammen mit den Protagonisten habe nach einem Ort gesucht, der im Spiegel gut funktioniert. Da alles mit M-Leicas aufgenommen wurde, musste ich die Kamera für sie einstellen und immer wieder den Fokus justieren. Sonst überließ ich den Porträtierten ihr Aussehen. Ob sie ernst schauen wollten oder ob sie sich glücklich fühlten – es war ihre Entscheidung, wie sie sich darstellten.
Wie unterscheiden Sie zwischen einem Selbstporträt und einem Selfie?
Der Unterschied ist für mich, dass ein Selfie etwas Dahingeworfenes ist, etwas Albernes, das man zum Spaß unter Freunden macht. Es gibt eine lange Geschichte der Selbstporträts als Ausdrucks- und Kommunikationsmittel in der Kunst, und ich hoffte, dass die Menschen, wenn sie ihre Porträts anfertigen, sie eher als ein zeitloses Dokument ansähen. Dass sie etwas schaffen, was sich die Betrachter länger ansehen und mit dem sie etwas von sich selbst mitteilen, statt nur zu grinsen oder zu schmollen und auf den Auslöser zu drücken. Einige waren schnell gemacht, dann kam ich wieder darauf zurück und sagte: „Denkt mehr an Frida Kahlo als an Kim Kardashian.“
Seit wann fotografieren Sie mit Leica-Kameras?
Mit der gesamten Summe des Honorarschecks für meinen ersten Werbe-Job habe ich eine Leica M-E gekauft, 2012 glaube ich. Inzwischen habe eine M10. Davor habe ich die meisten redaktionellen Aufträge mit einer 5x4-Kamera fotografiert. Ich stellte fest, dass es auf die meisten Menschen eine entwaffnende Wirkung hat, wenn man mit einer Leica um den Hals auftaucht. Der Verzicht auf große Kameras, Beleuchtung und Assistenten ist wirklich eine wunderbare Möglichkeit, die Shootings etwas intimer und offener zu gestalten. Es gab einige Shootings mit der Leica – und damit der Fähigkeit, schnell zu reagieren, als etwas passierte –, die zu einigen meiner liebsten Aufnahmen führten.
Benjamin McMahon+-
Benjamin McMahon wurde 1984 im Norden Englands geboren. Seine Arbeiten wurden in Vogue, Vanity Fair, AnOther, Wallpaper, Gourmand und anderen veröffentlicht. Er wurde 2015 zum PDN 30-Gewinner gewählt und gewann den Magenta-Preis für sein Landschaftsprojekt. Die National Portrait Gallery hat einige seiner Arbeiten für die ständige Sammlung erworben. McMahon lebt in London. Mehr
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