Out of Frame

9. August 2024

In der Fotografie sollte das Motiv immer perfekt im Bildausschnitt platziert werden – oder? Was wäre, wenn wir diese Regel bewusst brechen? Wir laden Sie ein, die Grenzen der konventionellen Bildkomposition zu überschreiten und neue kreative Wege zu gehen.
Die Idee ist einfach: Rücken Sie Ihr Hauptmotiv doch einmal an den Rand des Bildes, oder lassen Sie es sogar teilweise aus dem Rahmen fallen. Konzentrieren Sie sich stattdessen auf den scheinbar leeren Raum, auf unerwartete Details oder auf das, was normalerweise im Hintergrund bleibt. Durch das bewusste Weglassen oder Anschneiden des Hauptmotivs wird Neugier geschaffen. Es entsteht Raum für Fantasie und persönliche Assoziationen, sodass die Betrachtenden eingeladen werden, das Bild mit ihrer eigenen Interpretation zu vervollständigen. Schnell wird klar, dass diese Technik spannende Möglichkeiten eröffnet, um Geschichten aus ganz neuen Perspektiven zu erzählen.

In diesem Beitrag mit Bildern, die von unseren LFI.Gallery-Usern stammen, finden Sie also keine perfekt zentrierten Motive oder Goldenen Schnitte. Stattdessen erwarten Sie überraschende Blickwinkel, großzügige leere Flächen und Hauptmotive, die sich dezent am Bildrand tummeln oder sich gar außerhalb des Rahmens erahnen lassen. Diese Bilder fordern uns heraus, zwischen den Zeilen zu lesen und über den Tellerrand zu schauen. Sie zeigen, dass manchmal das, was wir nicht sehen, genauso wichtig ist wie das Offensichtliche.

01. Urs Scheidegger
„Das Bild entstand in Portugal an einem heißen Sommertag, an dem jede Abkühlung gelegen kam. Eine adrette Dame deponierte ihre Sachen Stück für Stück am Einstieg des Pools, bevor sie ins Wasser sprang. Die Form und die Gegebenheiten des Pools sowie die deponierten Gegenstände inspirierten mich zu diesem Schnappschuss.“

02. Juan Mañana
„Das Foto habe ich in der Wohnung meines Freundes in La Coruña, Spanien, aufgenommen. Wir tranken gerade einen Kaffee, als ich eine Hand hinter dem Vorhang auftauchen sah. Mir blieb genau die richtige Zeit, um die Kamera zu zücken und zu fotografieren – ein paar Sekunden später war die Hand verschwunden. Ich gestehe, dass ich eine Schwäche für Menschenhände habe. Seit meiner Kindheit spiele ich ein Spiel, bei dem es darum geht, die Gesichter der Leute zu erraten, ihr Alter, ihre Einstellung usw. Es gelingt mir selten, aber es ist lustig. Ich nehme an, das ist der Grund, warum ich so gern Fotos von den Händen der Leute mache … wenn ich ihre Gesichter nicht sehen kann.“

03. Tommaso Carrara
„Ich lief durch die engen Gassen von Marrakesch, als ich diese Katze auf einem hellen Flecken bemerkte. Sie war jedoch recht starr, und ich wartete ein wenig ab. Ein paar Touristen kamen vorbei und streichelten die Katze, und da fing sie an, sich wie eine Katze zu verhalten. Als die Sonne heller zu scheinen begann, fing die Katze an, sich zu putzen, ohne sich um den Straßenlärm zu scheren.“

04. Dave Ip
„Dieses Foto habe ich im Choi Hung Estate in Hong Kong aufgenommen. Street Photography kommt immer aus dem Bauch und nährt sich von solchen Szenerien, die man einfach nicht vorhersagen kann – was mich hier am meisten angezogen hat, waren die Farbe und die Linie – und auch der Vogel, der dort plötzlich stand. Alle wichtigen Elemente kamen dort sofort zusammen!“

05. Selmo Kim
„An einem regnerischen Tag in Seoul, Korea, stieg ich auf ein Dach, um Menschen mit Regenschirmen zu fotografieren. Ich hatte nicht erwartet, eine so perfekte Szene einzufangen! Das Ablichten des Unerwartbaren hat für mich einen ganz besonderen Reiz. Als Fotograf fühle ich mich dadurch lebendig.“

06. Fritz Reinhard
„Das Bild entstand in Paris. Es hatte geregnet, und die Sonne war schon am untergehen. Naheliegend war, ein Bild mit der untergehenden Sonne im Hintergrund zu machen, was ich auch tat, aber das war mir zu plakativ. So entschied ich mich für ein Bild, in der die Pyramide oben im Anschnitt und in den Spiegelungen zu erkennen ist. Die geometrischen Formen erinnerten mich an die kristallin aufgefächerten Architekturansichten von Lyonel Feininger. Um dem Auge Orientierung zu geben, wartete ich den Radfahrer ab. Das Bild steht für mich für Orientierung in einer immer komplexer werdenden Welt sowie die Hinterfragung von Sichtweisen.“

07. Edas Wong
„Dieses Bild habe ich in Tokio aufgenommen Als ich auf dem Weg zur einer U-Bahn-Station war, beobachtete ich ein kopfloses Objekt mit schwarzer, grauer Farbe, das etwa 100 Meter entfernt war. Als ich genauer hinsah, wurde mir klar, dass die Frau einen weißen Hut trug, der die gleiche Farbe wie die Wand hatte. Es war ziemlich lustig und seltsam, sodass ich schnell ein Foto gemacht habe.“

08. Angelika Noack
„Das Foto zeigt die linke Seite des Denkmals Monument aux morts de l’Armée d’Orient in Marseille, einer Gedenkstätte für die Opfer der Orientarmee im Ersten Weltkrieg. Der lebhafte Gelb-Blau-Kontrast ist das Zentralmotiv, die leichte Verdeckung der Schrift dadurch unerheblich geworden.“

09. Hiroki Nagamine
Bei diesem Bild, das ich auf einem Fußballplatz in Fukuoka, Japan, aufgenommen habe, mag ich besonders die Kraft des Kickers, der mit voller Wucht schießt und damit einen Kontrast zwischen Statik und Dynamik herstellt.“
Danilo Rößger
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