Mein Bild für die Zukunft: Finalistinnen und Finalisten

18. Oktober 2024

Unsere LFI-Challenge ist abgeschlossen, und die Sieger stehen fest. In diesem Beitrag stellen wir Ihnen alle zwölf Finalistinnen und Finalisten vor und geben Einblicke in ihre Inspirationen und Zukunftsvisionen.
Der Fotowettbewerb „Mein Bild für die Zukunft“, ausgerichtet anlässlich des 75-jährigen Jubiläums unseres Magazins, hat beeindruckende Einsendungen aus aller Welt hervorgebracht. Aus der Fülle kreativer Beiträge haben wir zwölf Finalisten ausgewählt, deren Werke besonders eindrucksvoll die Hoffnungen und Visionen für unsere Zukunft einfangen. Unter ihnen befinden sich auch unsere drei Sieger: Chris Yan, Tuan Anh Le und Shin Seung Hwang.

Um einen tieferen Einblick in die Gedankenwelt hinter den Bildern zu gewähren, haben wir alle Finalisten gebeten, ihre Intentionen, Motivationen und persönlichen Zukunftswünsche zu teilen. Lassen Sie sich von den folgenden Statements inspirieren, und tauchen Sie ein in zwölf Perspektiven auf die Welt von morgen.

01. Chris Yan (Sieger 1)

Mit diesem Foto möchte ich ein Gefühl der Unsicherheit und der Gefahr ausdrücken. Es ist wie eine Warnung: Im Hinblick auf die Zukunft ist der Mensch einfach zu klein – wir wissen nicht, was die Zukunft bringen wird, und wir können unser eigenes Schicksal nicht vollständig kontrollieren. Auf diesem Foto gibt es viele Linien, die alle schräg verlaufen und eine starke Instabilität erzeugen. Gleichzeitig scheint der Rand des Gebäudes wie das Ende der Welt zu sein. Der Mensch kann sich nicht vorwärts bewegen, sondern nur zurückgehen. 

Ich freue mich sehr, das Bild zu diesem Thema einzureichen, denn für mich ist dies kein Wettbewerb, sondern eine Feier zum 75-jährigen Jubiläum des LFI Magazins. Es ist sehr interessant, mit Fotografinnen und Fotografen aus der ganzen Welt das gleiche Thema abzubilden. Was meine persönliche Hoffnung für die Zukunft angeht, so werde ich meinen einjährigen Sohn weiterhin beim Aufwachsen begleiten. Ich hoffe, dass er die Fotografie genau so sehr mag wie ich und die Welt aus seiner eigenen Perspektive wahrnimmt und festhält.

02. Tuan Anh Le (Sieger 2)

Mein Drang, im Winter in den Norden zu fahren, rührt daher, dass ich lange Zeit unter der unbarmherzigen Sommersonne des Südens gelebt habe. Der graue und düstere Himmel in Verbindung mit dem feuchten und lähmenden kalten Wetter berührt mein Herz. Die Inspiration für die Serie March into Spring kommt von dem schimmernden Gras, das im Wind weht, von den Schatten der wogenden Bäume am Straßenrand oder manchmal auch nur vom vorüberziehenden Nebel. In der Tat offenbaren sich viele Bilder erst, während ich in die ruhigen Wiesen eintauche, die Geräusche des Frühlings um mich herum spüre oder mir Frühlingsluft durch die Haare weht.

Mensch und Natur sind untrennbar miteinander verbunden, eine Beziehung, die ich auch in der Geschichte dieser Fotoserie hervorhebe. Ich hoffe auf eine Zukunft, in der Mensch und Natur harmonisch koexistieren und Nachhaltigkeit für gegenseitiges Wachstum und Entwicklung fördern können.

03. Shin Seung Hwan (Sieger 3)

Als ich das Bild machte, war es etwa 17 Uhr, und viele Leute waren auf dem Weg nach Hause – so auch die abgebildete Person, die eifrig in die Pedale trat. Ich konnte seine Unbeschwertheit förmlich spüren. Man kann und sollte sich glücklich schätzen, wenn man ein Haus hat, in das man am Ende des Tages zurückkehren und sich entspannen kann. Ich hatte in diesem Moment das Gefühl, dass das ein sehr wichtiger Teil unseres Lebens ist und hoffe, dass ich diese Wertschätzung nie vergessen werde.

Das Foto habe ich in Schwarzweiß konvertiert, um die Unterschiede zwischen dem linken und dem rechten Weg zu betonen: Der Weg, der nach Hause führt, ist heller und positiver dargestellt, während der andere Weg dunkler und unsicherer wirken sollte. Damit wollte ich vermitteln, dass wir bei den unzähligen Entscheidungen, die wir jeden Tag treffen müssen, immer auf einen optimistischeren Weg hoffen können und sollten. Während sich meine ursprüngliche Intention auf das Gefühl des Heimkehrens konzentrierte, habe ich erkannt, dass es auch sehr gut in den Kontext dieses Wettbewerbs passt, da beide Perspektiven die Bedeutung der eigenen Entscheidungen hervorheben.

04. Petter Bergesen

Meine Motivation, dieses Bild einzusenden, kam im April 2022, als es als Leica Mastershot ausgezeichnet wurde. Es war das erste Foto, das mir in den Sinn kam, nachdem ich den Titel des Wettbewerbs gelesen hatte. Der Schauplatz auf diesem Bild ist ein hübsches Neubaugebiet in Oslo mit dieser Lichtinstallation, die sich am Boden entlangschlängelt. Es ist ein Ort, an den ich immer wieder zurückkehre – sowohl wegen der künstlichen Beleuchtung als auch wegen des natürlichen Lichts. Die ganze Gegend vermittelt ein futuristisches Gefühl: Die Zukunft ist jetzt.

Als Fotograf laufe ich gern planlos durch die Straßen von Oslo. Ich schnappe mir eine meiner geliebten Leica M-Kameras und hoffe, dass ich ein oder zwei gute Bilder machen kann. Die Zukunft besteht für mich darin, weitere Fotos zu machen und sie der Öffentlichkeit zu zeigen. Ich hatte bereits zwei Ausstellungen und plane die dritte. Hoffentlich geht alles gut!

05. Wenpeng Lu

Dieses Bild ist Teil meiner Skatepark-Serie, in der ich das Potenzial der Straßenfotografie auslote, indem ich die Beziehung zwischen Raum, Bewegung und visueller Wahrnehmung untersuche. Bei dieser Aufnahme habe ich die räumliche Tiefe durch einen hohen Standpunkt, eine große Schärfentiefe und das Fehlen von starkem Licht und Schatten absichtlich minimiert, um einen fast zweidimensionalen Effekt zu erzielen – wie eine grafische Komposition aus abstrakten Formen und Farben. Die dynamische Pose des Kindes in der Bewegung mit dem in der Luft schwebenden Skateboard durchbricht diese Komposition und vermittelt ein Gefühl von Energie und Bewegung, das im Gegensatz zur Illusion der Zweidimensionalität steht. Dieses Foto spiegelt das Gleichgewicht zwischen Struktur und Spontaneität wider, bei dem der sorgfältig gestaltete Skatepark zu einer Leinwand für unvorhersehbare Ausdrucksmomente wird.

Ich hoffe, dass ich mich auch in Zukunft mit der Fotografie beschäftigen werde, insbesondere mit dem Thema der menschlichen Interaktion mit dem Raum. Ich glaube, dass Fotografie mehr ist als nur das Festhalten von Momenten – sie kann unsere Wahrnehmung der Welt herausfordern und die Betrachtenden dazu anregen, seine Umgebung zu überdenken und die dynamische Schönheit des Alltags wahrzunehmen.

06. Paul Reid

Dieses Bild zeigt eine von mir geschaffene Figur, die ich den Zeitreisenden nenne. Ich habe es als Platin-Palladium-Print gedruckt, ein Verfahren aus dem 19. Jahrhundert. Dieser Druck wird niemals verblassen und noch in 1000 Jahren auf dieser Erde sein. Ich behalte die Bedeutung des Bildes für mich und überlasse es dem Betrachter, wie er es interpretieren möchte. Kommt er aus der Vergangenheit und denkt zurück an seine Zeit, in der es diese Technologie noch nicht gab? Oder kommt er aus der Zukunft und besucht eine Zeit, in der wir Entscheidungen über erneuerbare Energien und nachhaltige Praktiken getroffen haben? Hatten wir Erfolg? Oder kennt er unser Schicksal?

Was die Fotografie betrifft, so hoffe ich, dass wir auch in Zukunft fotografische Abzüge mehr schätzen als digitale Bilder. Ich hoffe, dass meine Abzüge auch in 1000 Jahren noch bestaunt werden.

07. Francesca Tiboni

Das Foto wurde nach einem heftigen Regenschauer am Stadtstrand von Cagliari, Sardinien, aufgenommen. Im Hintergrund sieht man die Landzunge Sella del Diavolo (Sattel des Teufels), die eines der Wahrzeichen der Stadt ist. Der starke Regen wird vom Sand nicht aufgesaugt und erzeugt riesige eindrucksvolle Pfützen. Ich habe beschlossen, das Bild für den Wettbewerb einzureichen, weil es ein Szenario zeigt, das apokalyptisch sein könnte; es deutet auf einen plötzlichen Klimawandel hin, auf die Kraft der Natur. Gleichzeitig hat es aber auch etwas Ruhiges und Friedliches – quasi die Ruhe nach dem Sturm. Die Stühle vermitteln mir ein Gefühl des Wartens und der Hoffnung. Ich mag den Kontrast, der dabei entsteht, und auch das Gefühl einer Sinnsuche, das sich daraus ergibt.

Für die Zukunft hoffe ich, dass die Menschheit lernt, die Natur zu respektieren und sich mit ihr zu versöhnen, dass der Zugang zu den Ressourcen des Planeten gerecht verteilt wird und dass die Grundrechte für alle garantiert werden.

08. Mingzu Liu

Die Intention hinter meinem Foto ist es, die Grenzen zwischen virtueller Realität und der realen Welt zu erforschen. Inspiriert durch das Konzept des Films Matrix und Platons Höhlengleichnis tragen die Erwachsenen auf dem Bild alle VR-Headsets. Sie stehen dafür, wie sie eine von äußeren Kräften geprägte Realität akzeptieren und in ihr leben. Im Gegensatz dazu symbolisiert das Kind, das das VR-Headset abnimmt, die Neugierde und Bereitschaft einer zukünftigen Generation, die Wahrheit zu erforschen. Mein Foto wirft die Frage auf: Leben wir als Gesellschaft in einer Realität, die von anderen gestaltet wird? Und wenn ja, welche langfristigen Folgen hat es, wenn wir unser Leben in solchen Welten verbringen? Ich möchte damit die Botschaft vermitteln, wie wichtig es vor allem für die jüngeren Generationen ist, die Welt, die ihnen präsentiert wird, zu hinterfragen und nach der Realität jenseits von Erzählungen und Simulationen zu suchen.

Mit Blick auf die Zukunft hoffe ich, dass die Menschen, vor allem die jüngere Generation, die Kraft und die Mittel haben werden, sich aus dem Einfluss dieser konstruierten Realitäten zu befreien. Ähnlich wie das Kind auf dem Foto hoffe ich, dass künftige Generationen bereit sind, das metaphorische „Headset“ abzunehmen und sich kritisch mit der Welt um sie herum auseinanderzusetzen und sie hinterfragen. Ich wünsche mir eine Welt, in der wir alle aktiv nach der Realität suchen und sie annehmen, egal wie unbequem oder herausfordernd sie auch sein mag.

09. Yousuke Ochiai

Dieses besondere Bild entstand, als ich die Aussichtsplattform des Midland Square besuchte. Dort stand eine Frau, die in das weiche Licht der untergehenden Sonne getaucht war und eine impressionistische Szene eröffnete. Es war, als ob die Zeit stehen geblieben wäre. Wie immer lieferte das Tri-Elmar-Objektiv eine außergewöhnliche Darstellung.

Ich hoffe, dass ich auch in Zukunft die Schönheit Japans und die Freude am Leben durch Leica mit der Welt teilen kann. Ich bin der LFI-Redaktion sehr dankbar, dass sie mich immer wieder inspirieren und begeistern.

10. Tomasz Kaczorek

Ich war schon immer fasziniert von Industriegebieten – insbesondere von solchen, in denen Kohlekraftwerke stehen – und beschloss, das „polnische Kuwait“ zu besuchen. Mein Ziel war es, Recherchen für ein Projekt über Umweltzerstörung durchzuführen. Bei der Erkundung des riesigen Tagebaugebiets entdeckte ich zahlreiche Aussichtspunkte. An einem dieser Aussichtspunkte entdeckte ich ein hübsch gekleidetes Paar. Reflexartig machte ich das Foto. Ich wollte eine weitere Aufnahme machen, aber das Paar drehte sich plötzlich um und ging weg.

Meine Arbeit ist der Ausdruck meiner Faszination. Manchmal versuche ich, die Menschen zu verstehen, manchmal ist es eine Art Psychotherapie. Meine Motivation, diese Arbeit eingereicht zu haben, besteht also darin, meine Sicht nach außen mit anderen zu teilen und Feedback von LFI-Profis zu bekommen.

11. António Leong

Die Stadtbahn von Macau verbindet derzeit alle Kasinos rund um das neu erschlossene Stadtgebiet, das vor allem wegen eben dieser Glücksspieleinrichtungen als Las Vegas des Ostens bekannt wurde. Ich hoffe, dass in Zukunft, wenn das Schienennetz die alten Stadtteile erschließt, in denen sich das UNESCO-Welterbe mit seinen 25 Kirchen, Tempeln und anderen Denkmälern befindet, Menschen aus aller Welt das wahre Juwel dieser Stadt erkunden können und tiefere Einblicke in die historische und kulturelle Seite dieser Stadt erhalten.

12. Shinichi Hatakeyama

Die Arbeiten meines Projekts Space City sollen die futuristische Schönheit des aktuellen Stadtbilds von Tokio ausdrücken. Zukünftig möchte ich auch weiterhin durch die Fotografie die Schönheit des täglichen Lebens entdecken.
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Mein Bild für die Zukunft: Finalistinnen und Finalisten