Gialu

„2021 besuchte mich im Rahmen eines Testshootings ein beeindruckender junger Mensch, von der Agentur als neues Gesicht angepriesen. Ich lernte schnell einen Menschen kennen, der bei mir Fragezeichen, aber auch Neugierde und fantastische Fotos hinterließ. Kurz nach unserem ersten Shooting outet sich Gialu als nicht-binär.

Glücklicherweise sind wir über Lockdowns und Umzüge hinweg in Kontakt geblieben, und ich durfte so einen Blick über Gialus Schulter werfen, auf deren Reise zum Ich. Inzwischen verwendet Gialu die Pronomen dey/denen, die ich im Folgenden auch so verwenden möchte.

Viele Menschen stellen sich im Laufe ihres Leben die Frage, wer sie eigentlich sind.

Für alle, die diese Frage für sich beantworten können, verändert sich das Leben radikal. Ganz besonders, wenn die Antwort dieser Frage nicht unbedingt zum erwarteten Gesellschaftsbild passt. Nicht anders war es bei Gialu. Ich hatte die Ehre, Gialu als Erster nach der Mastektomie im Atelier fotografieren zu dürfen. Und eine intensivere Veränderung hätte ich mir kaum vorstellen können. Die Selbstverständlichkeit und Sicherheit die von denen ausging, war umwerfend, die neu gewonnene Stärke beeindruckend und vor allem inspirierend.

Die Narben waren frisch, die Stimmung gut, die Sonne freundlich: So haben wir eine Bildstrecke geschaffen, die voller Kraft und Lebensfreude eine Neuerschaffung feiert. Dabei zeigte sich umso eindrücklicher die massive Stärke und das immense Selbstbewusstsein. Jedes Foto war besser als das vorherige. An diesem Tag entstand ein wunderbares Charakterporträt eines jungen Menschen, der allen Widrigkeiten zum Trotz seinen Weg gefunden und eingeschlagen hat.

Gialu lebt inzwischen in Berlin und kämpft an vielen Fronten für die Sichtbarkeit und die Rechte von trans* Menschen."