Kindred Guardians

Justin Mott

8. Oktober 2019

Justin Motts Aufnahmen über die letzten beiden Nördlichen Breitmaulnashörner gingen um die Welt. Mit uns sprach der Fotograf über den Glauben an die Menschheit und die großen Pläne, die er noch hat – und er verrät uns, mit welchem Equipment er die besten Geschichten erzählt.
LFI: In Ihrem aktuellen Projekt dokumentieren Sie Menschen, die Tieren in Not helfen. Wie sind Sie auf die Idee gekommen?
Justin Mott: Ich habe vor vielen Jahren ein Schlachthaus für Schweine in Vietnam fotografiert. Ein sehr eindrückliches Projekt. Ich kann mich noch genau an meine Hilflosigkeit und meinen Gram über die Menschheit erinnern, den ich damals hegte. Nach dieser Erfahrung versuchte ich zunächst, alles aus meinem Leben zu verbannen, was mit Tierquälerei zu tun hat.

Als ich im letzten Jahr 40 wurde, bemerkte ich, dass in meinem Leben etwas fehlte. Ich wollte wieder Geschichten erzählen, die mir wichtig waren. Ich begann mich langsam emotional zu öffnen und mich mehr und mehr mit Tierquälerei auseinanderzusetzen. In mir reifte die Idee für ein Buchprojekt über Menschen, die Tieren in Not helfen. Ich hatte von den beiden letzten noch lebenden Nördlichen Breitmaulnashörnern gehört und daraufhin ein wenig recherchiert und Tickets nach Kenia gebucht. Das Projekt Kindred Guardians war geboren.

Was kann der Betrachter aus Ihren Geschichten lernen?
Ich möchte, dass die Leute die Tapferkeit und Hingabe der menschlichen Beschützer erkennen. Ich wünsche mir, dass meine Bilder die Tiere auf eine Weise vermenschlichen, mit der wir uns alle identifizieren können, und ich möchte die Menschen ermutigen zu handeln, und ihre Einstellung gegenüber Tieren zu ändern.

Mir ist bewusst, dass man als einzelne Person nicht viel tun kann. Um einen wirklichen Einfluss auszuüben, braucht es Regierungen, die die Ursachen von Tierquälerei erkennt und bekämpft. Es ist offensichtlich, dass Länder wie Kenia alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Tierwelt zu schützen, aber die Regierungen der Industrienationen müssen auch an Bord kommen und ihren Teil dazu beitragen. Ich weiß, ich verlange viel – aber ich bin ein optimistischer Mensch und habe den Glauben an die Menschheit noch nicht verloren.

Wie fiel die Resonanz auf Ihr Projekt bisher aus?
Das Feedback über Social Media hat mich überwältigt, und ich bin glücklich, dass ich nun in Tierschützer-Kreisen auf der ganzen Welt bekannt bin. Auch Wohltätigkeitsorganisationen und Stiftungen haben sich mit der Frage, wohin sie Geld spenden können, an mich gewandt, um die Nashörner zu retten. Erst kürzlich wurde ich nach New York eingeladen, um auf einer Konferenz über illegalen Wildtierhandel zu sprechen. Ich bin immer noch sehr neu in dieser Community und ich lerne jeden Tag viel Neues. Ich bin sehr interessiert daran, immer wieder neue Geschichten aufzuspüren.

Sie arbeiten für Ihr Projekt mit einer Leica M10-D. Warum?
Am Anfang meiner Karriere habe ich nur mit einer Kamera und einem Objektiv gearbeitet. Im Laufe der Zeit wurden die Projekte größer, es kamen Redaktionsaufträge, kommerzielle Arbeiten und letztlich eine komplette Produktionsfirma dazu. Und im gleichen Ausmaß vergrößerte sich auch meine Ausrüstung – allerdings schwand auch meine Zeit für persönliche Projekte. Ich begann, die frühen Tage meiner Karriere zu vermissen und sehnte mich nach einem Projekt, das mich als Fotograf definiert.

Zu Beginn meiner Arbeit an Kindred Guardians lernte ich die Leica M10-D kennen. Mir gefiel nicht nur die Idee, lediglich mit einer kompakten Kamera und einem Objektiv, dem Summilux 1:1.4/35, unterwegs zu sein, sondern ich fand es auch klasse, ohne Display zu arbeiten. Ohne schweres Equipment kann ich mich besser bewegen und mehr sehen. Ich bin einfach präsenter und konzentrierter und dadurch werde ich zu einem besseren Geschichtenerzähler.

Wie steht es um die Zukunft Ihres Projekts?
Die Nashorn-Serie ist das erste Kapitel von Kindred Guardians, seither habe ich drei weitere fertiggestellt: in einem Zufluchtsort für Straßenhunde in Thailand; mit einer ehemaligen Rangerin, die zur Ersatzmutter für verwaiste Gibbons in Malaysia wurde, und in einem Rettungszentrum für Schuppentiere in Nordvietnam. Demnächst reise ich nach Südamerika für eine Geschichte über Faultiere, aber ich habe noch einige andere Geschichten in petto. Zudem verhandele ich gerade mit einem Verlag, um das Projekt als Buch zu publizieren. Es bleibt also spannend!
Danilo Rößger
ALLE BILDER AUF DIESER SEITE: © Justin Mott
EQUIPMENT: Leica M10-D

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Justin Mott Bio Final
© Justin Mott

Der in Vietnam lebende Dokumentar- und Werbefotograf hat bereits über 100 Aufträge für die New York Times in Südostasien abgewickelt. Derzeit arbeitet er weltweit an seinem Langzeit-Buchprojekt Kindred Guardians. Das Projekt dokumentiert Menschen, die ihr Leben dem Tierschutz widmen. Mehr

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