Icons

David Hurn

4. Oktober 2023

Der Magnum-Fotograf gehört längst zu den wichtigsten britischen Fotoreportern. Die neue Ausstellung gibt Einblicke in sein vielschichtiges, unverwechselbares Werk.
Offenbar haben sie den Fotografen gar nicht bemerkt: Vertieft in die Noten und das Skript des neuen Films A Hard Day’s Night, schenken John Lennon, Paul McCartney, Ringo Starr und George Harrison dem Fotografen David Hurn keinerlei Aufmerksamkeit. Mit seiner Leica war er diskret, und vielleicht hatten sie sich längst an seine Anwesenheit gewöhnt, begleitete er die Beatles 1964 doch während der Filmproduktion über einen längeren Zeitraum. So auch bei ihrer Arbeit in den EMI Studios (den späteren Abbey Road Studios) – und der Fotograf erkannte den perfekten Moment: Die Gliederung der vier in einem Bild hätte er kaum besser arrangieren können. Körperhaltung, Mimik, Gestik: Alles konzentriert sich in diesem Gruppenbild auf die Arbeit am neuen Projekt. Ein Bild, das nun zu Recht als fotografisches Meisterstück, als Ikone, in der Frankfurter Leica Galerie ausgestellt wird. Dort ist eine ganze Reihe der besten Aufnahmen des britischen Fotografen versammelt. Darunter weitere Celebrities wie Jane Fonda und Sean Connery oder die unvergleichlichen Landschaftsaufnahmen und Gesellschaftsstudien aus Wales, der Heimat Hurns. Zu sehen sind beispielsweise die Aufnahme eines sich im Ruhestand befindlichen Mannes, der freudig einen Luftballon zu fangen versucht, oder die Aufnahme zweier Schafe, die zusammengedrängt in einer alten, schmalen Hütte Unterschlupf vor dem Regen suchen, oder auch das Bild zweier tanzender Mädchen, die sich auf einem Contest beweisen müssen. Wieder ein doppelbödiges Motiv, zeigt es doch einen gesellschaftlichen Augenblick, der sowohl amüsant als auch kritisch gewertet werden kann. Denn Hurn ist weit mehr als nur ein Zeitzeuge, er ist immer auch Interpret seiner Zeit.

Hurn begann als Autodidakt, seine prägende Bildsprache entwickelte er in den 1950er- und 1960er-Jahren, in denen er seine soziale Einstellung mit künstlerischen Ambitionen verbinden sollte. In seiner heute fast sieben Jahrzehnte umspannenden Karriere ist es Hurn immer wieder gelungen, mit seinem zielgerichteten wie auch spontanen Blick Momente einzufangen, die seinen außerordentlichen Sinn für Humor belegen. Seine Bilder vereinen oftmals das Skurrile mit dem Blick eines Sozialhistorikers. Sie sind Gesellschaftsstudien in visueller Form, die einladen, sich mit auf seine ganz persönliche Reise durch das Zeitgeschehen zu begeben. Beste Gelegenheit, das Werk des heute vielfach ausgezeichneten Fotografen zu entdecken, bietet nicht nur die Frankfurter Ausstellung Icons, sondern auch ein gerade erschienener Bildband.
Ulrich Rüter
Alle Bilder auf dieser Seite: © David Hurn/Magnum Photos 2023

LFI 7.2023+-

Einen Querschnitt aus dem Lebenswerk des Leica Klassikers David Hurn finden Sie im LFI Magazin 7.2023. Mehr

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Die Ausstellung Icons läuft in der Leica Galerie Frankfurt vom 29. September 2023 bis zum 13. Januar 2024. Der Bildband David Hurn – Photographs 1955–2022 ist bei RRB Photobooks erschienen.

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(C) David Hurn _ Magnum Photos _ Agentur Focus 2
© David Hurn / Magnum Photos / Agentur Focus

Der Fotograf wurde am 21. Juli 1934 in Redhill, Surrey, England geboren. Als Autodidakt sammelte David Hurn erste Erfahrungen als Bildjournalist in London für die Reflex Agency und erhielt erste Anerkennung durch seine Aufnahmen, die während der ungarischen Revolution 1956 entstanden. In den 1960er-Jahren war er auch als Standbildfotograf beim Film tätig. Seit 1967 ist er Vollmitglied der Agentur Magnum. Seit 1972 lebt der Fotograf in Tintern, Wales. In Newport, Wales, gründete er 1973 die School of Documentary Photography, an der er bis 1989 unterrichtete. Etwa 1500 seiner eigenen Fotografien sowie den Großteil seiner wertvollen Sammlung schenkte er 2017 dem Amgueddfa Cymru – National Museum Wales in Cardiff. Mehr

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