Buchtipp: Plexus
Buchtipp: Plexus
30. Januar 2024
Was ist in diesem Haus vorgefallen – welche traumatischen Erinnerungen spiegeln sich im Mobiliar und in den Erinnerungsstücken wider? Die seit 2018 entstandene Serie bleibt assoziativ. „Die Bilder durchdringen eine figurative Suche nach scheinbaren Wiederholungen in der Geschichte und spiegeln meine eigene Wiederholung der Verhaltensweisen meiner Mutter und Großmutter wider“, erläutert Helfrecht auf ihrer Homepage. „Durch die Konfrontation mit einer Vergangenheit, die sich über vier Generationen erstreckt, bietet ein erneuertes Identitätsgefühl den Boden für eine detaillierte Untersuchung von Postmemory, psychischer Gesundheit, Krieg und Geschichte.“ Mit Sensibilität und Spontaneität widmet sich die Fotografin der Magie des Hauses. In ihrer Serie wird die Architektur zu einer Bühne, die gefundenen Gegenstände zu zentralen Gestalten. Für die Autorin eine „fiktive Familienaufstellung, ein Theaterstück“. Langsam erschließt sich dann auch, warum das Buch mit einer Leporello-Bindung versehen ist: Man muss sich entscheiden, das Buch unangetastet zu lassen oder die Doppelseiten aufzutrennen, um auch die Bilder auf einigen Innenseiten zu betrachten. Ein symbolischer Akt – erst mit der Verletzung der Buchseiten kann die Erkenntnis wachsen. Auch um die begleitende Kurzgeschichte „The House Surgeon“ der kanadischen Schriftstellerin Camilla Grudova zu lesen, müssen einige Seiten aufgetrennt werden. Doch auch dieser Text liefert keine finale Erklärung, sondern greift das Thema des vererbten Traumas literarisch auf.
Ein spannender Bildband. Die bereits mehrfach ausgezeichnete Bilderserie wird in dem präzise gestalteten Buch umso mehr zu einem faszinierenden „Kopfkino“.
Elena Helfrecht: Plexus+-
Mit einer Kurzgeschichte von Camilla Grudova
104 Seiten, zahlreiche Schwarzweißabb.
24 × 30 cm, Englisch
Erschienen bei Void
Webseite Elena Helfrecht
Instagram Elena Helfrecht