Buch des Monats - Peter Bauza: Copacabana Palace

31. Dezember 2016

Nicht das legendäre Luxus-Hotel am berühmten Strand in Rio de Janeiro steht im Mittelpunkt des neuen Bildbandes des deutschen Fotografen, sondern Peter Bauza präsentiert in seiner bildmächtigen Serie die Geschichte eines heruntergekommenen Wohnprojektes am westlichen Stadtrand der brasilianischen Metropole.
Nicht das legendäre Luxus-Hotel am berühmten Strand in Rio de Janeiro steht im Mittelpunkt des neuen Bildbandes des deutschen Fotografen, sondern Peter Bauza präsentiert in seiner bildmächtigen Serie die Geschichte eines heruntergekommenen Wohnprojektes am westlichen Stadtrand der brasilianischen Metropole. Fernab der prächtigen Hotelpaläste und der touristischen Flaniermeilen Rios leben hier in einem vor dreißig Jahren für die Mittelschicht geplanten, aber nie fertiggestellten Häuserkomplex rund 300 Familien.

Sechs Häuser sind zum Zufluchts- und Hoffnungsort von rund 1000 Menschen - „sem teto, sem terra“ (ohne Dach und ohne Land)“ geworden, die unter erbarmungswürdigen Umständen in den desaströsen Betonrohbauten hausen. Vor drei Jahren war Bauza zum ersten Mal in der Anlage, die viele Namen trägt wie Jambalaya (nach einem traditionellen Gericht der kreolischen Küche oder einer TV-Show gleichen Namens) oder Carandiru (nach dem berüchtigsten Gefängnis Brasiliens) oder eben ganz sarkastisch Copacabana Palace, eine Bezeichnung, die der Fotograf auf einem Graffito an einer der Wände entdeckte. In den verrottenden Häusern gibt es kein fließendes Wasser, kein richtiges Stromnetz. Die vielstöckigen Gebäude haben keine Fenster, keine Türen und natürlich auch keine Aufzüge; einige Wohnungen sind eingestürzt und alles ist feucht. Die Wände sind verraucht und schmutzig, in den Straßen und Flächen rundherum der Häuser liegt ein übler Gestank. Eigentlich ein Ort der Vorhölle und doch schafft es Bauza mit seinen farbintensiven Bildern eine andere Geschichte zu erzählen: er zeigt Momentaufnahmen des Alltags, die Lebensfreude der Menschen, ihre Wünsche und Träume, allerdings ohne den lebensfeindlichen Ort dabei zu beschönigen.

Viel mehr geht es um die Stärke dieser unfreiwilligen Solidargemeinschaft, die versucht, in mutiger Selbstbestimmung zu überleben. „Ich hatte das Bedürfnis, der Minderheit ein Gesicht, eine Stimme zu geben. Aber das sollte nicht voyeuristisch, sondern mit Würde geschehen“, so der Fotograf. Nach anfänglicher Skepsis gelang es Bauza, das Vertrauen der Bewohner zu gewinnen und er konnte sich in den folgenden acht Monaten frei bewegen, so dass ihm diese intime Sichtweise gelang.

Copacabana Palace ist für Bauza ein typisches Beispiel für den Überlebenskampf von Millionen von Brasilianern, die sich unter ähnlich schwierigen Verhältnissen zu behaupten versuchen. Bauza begann sein Projekt, als mit den Vorbereitungen für die Olympischen Spiele Milliarden für dieses Weltspektakel ausgegeben wurden. Heute ist die Wirtschaftskrise umso dramatischer und von den Olympia-Geldern ist hier nichts angekommen. „Es gibt jetzt einige Bus-, Bahn- und Metroverbindungen mehr, aber diese sind sehr weit entfernt von unserem Copacabana Palace und diesen Menschen. Eigentlich traurig, denn es liegt nur 60 Kilometer entfernt vom Reichtum, aber weit genug, um versteckt zu sein,“ so Bauza. Ulrich Rüter


Peter Bauza
Copacabana Palace
208 Seiten, 185 Farbfotografien
24 × 30 cm, Deutsch, Englisch, Portugiesisch
Hardcover
Edition Lammerhuber
1/7
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Buch des Monats - Peter Bauza: Copacabana Palace