Dias Eternos
Dias Eternos
Ana María Arévalo
23. April 2019
„Dieses Foto machte ich in der Haftanstalt, die ich am häufigsten besucht habe, La Yaguara. Dort teilten sich 22 Frauen eine sehr kleine Zelle, unter ihnen auch die 17-jährige Hainni Lara. Ich erinnere mich, dass ich sie angesehen habe und dachte, dass sie wie die jüngere Schwester einer Freundin aussähe: klein, blasse Haut, große, braune Schurkenaugen und lange, braune Haare. Am meisten ließ mich aber ihr unschuldiges Lächeln an die Schwester meiner Freundin denken.
Ich machte gerade Einzelporträts von ihr, als ein Polizist ins Innere der Zelle rief, sie solle mir ihr Tattoo zu zeigen. Was sie auch tat. Hainnis Spitzname war „38“, weil die Tätowierung, die sie auf ihrem Oberschenkel trägt, eine Waffe mit 38er-Kaliber zeigt, die in einem Strumpfhalter steckt. Der offizielle Grund für ihre Verhaftung war eine Mordanklage. Sie wartete bereits zweieinhalb Monate darauf, dass es weiterging, sie hatte aber bis dahin noch keinen Anwalt gesehen. Hainni hat eine kleine Tochter, die draußen auf sie wartet. Der Vater von Hainnis Tochter ist tot.
Ich finde dieses Bild in vieler Hinsicht problematisch, einerseits stellt es den Waffenkult in einem Teil der venezolanischen Gesellschaft dar. Dort sind Waffen im Alltag normal. Andererseits ist die Tätowierung einer Waffe für mich ein Symbol für Macht und Autorität, gleichzeitig aber auch für den Schutz davor.“
Sie finden das gesamte Portfolio in der aktuellen Ausgabe LFI 3/2019.
Ana María Arévalo+-
Ana Maria Arévalo Gosen, geboren 1988 in Caracas, ist eine visuelle Geschichtenerzählerin, deren Arbeit sich auf den Kampf für Frauenrechte und Umweltfragen konzentriert. Sie mischt anspruchsvolle Recherchen mit intimen Geschichten und möchte mit ihren Projekten einen positiven Einfluss auf die gesellschaftliche Entwicklung ausüben. Im Jahr 2020 gewann sie mehrere Preise für ihre Serie Días Eternos über die Haftbedingungen von Frauen in Untersuchungshaft in Venezuela. Das Projekt wurde in LFI 3/2019 vorgestellt. Mehr