Palermo Diary

8. September 2022

In seiner fotografischen Serie begibt sich der Fotograf auf die Suche nach den Widersprüchen, Rissen und Kanten in Siziliens berühmt-berüchtigter Metropole.
Seit mehreren Jahren reist Werner Mansholt immer wieder nach Palermo und hält auf seinen Rundgängen durch Italiens Kulturhauptstadt 2018 das tägliche Leben auf der Straße fest. Seine Serie zeigt die Bewohner und die heterogenen Schichten einer Stadt, die von Schönheit und Vergänglichkeit geprägt ist.

LFI: Warum ausgerechnet Palermo – wie kam es dazu?
Werner Mansholt:
Als ich 2015 das erste Mal in Palermo war, besuchte ich die Ausstellung Palermo Panorama von Mauro d’Agati. Danach wollte ich den Fotografen kennenlernen und rief ihn an; Mauro und ich trafen uns, hatten ein schönes Gespräch, und er lud mich ein, das nächste Mal bei ihm zu wohnen. So kam ich in den darauffolgenden Jahren mehrfach nach Palermo und begann, bei meinen täglichen Rundgängen durch diese faszinierende Stadt zu fotografieren. Palermo hat die größte Altstadt in Europa, war italienische Kulturhauptstadt 2018 … Ich bin beim Fotografieren eher der Typ Flaneur: Ich lasse mich überraschen von den Begegnungen und Begebenheiten, ich suche viel öfter Randplätze auf, Gegenden mit „normalen“ Bewohnern, in denen sich das tägliche Leben abspielt. Mich interessieren die Brüche, die Risse, die Kanten und Widersprüche, die eine Ahnung vom „Dahinter“ bieten.

Was fasziniert Sie an der Street Photography – und was haben Sie in Palermo gesehen, was es auf den Straßen anderer Städte nicht gibt?
Mich faszinieren die Menschen und ihre Lebenssituationen; ich bin kein Dokumentar- oder Reportagefotograf. Mein Antrieb ist eher die Suche nach Bildern, die nicht nur Abbildungen sind, sondern auch etwas von mir erzählen. Palermo ist ein reiches Pflaster für diese Suche; allerdings sind tägliche lange Wege (mit guten Schuhen), Geduld und Ausdauer erforderlich. Ich fotografiere nicht heimlich, verstecke mich nicht und versuche, mich doch ein bisschen unsichtbar zu machen, indem ich einfach anwesend bin … Ich bin nah dran durch die Verwendung einer 35er- oder 28er-Linse und „schieße“ nicht mit einem Teleobjektiv ab. Die Menschen sind sehr offen, freundlich und immer für ein Gespräch zu haben. So begegnen mir Schönheit und Vergänglichkeit, Stolz und Sehnsucht, Einsamkeit und Gemeinschaft in allen Facetten des Lebens.

Wie war die Arbeit mit der Leica?
Die meisten Bilder sind mit der Leica Q entstanden, einige mit der Leica M9 und dem Summicron-M 1:2/35 Asph. Besonders die schnelle Q mit dem fast unhörbaren Verschluss ermöglicht einen guten Zugang zu den Menschen.

Wie wichtig ist Farbe für Sie und diese Serie?
Farbe ist Leben und für mich essenziell. Ich denke, sehe und fühle in Farbe. Für mich kommt es sehr darauf an, dass die Farben miteinander harmonieren oder auch kontrastieren, aber stimmig sind. Für die Palermo-Bilder ist die starke Strahlkraft der Farben im Licht-Schatten-Kontrast genauso wichtig wie das Leuchten in den Bildern ohne direktes Sonnenlicht. Darin pulsiert genau genommen das pralle Leben. (Interview: Katja Hübner)

Alle Bilder auf dieser Seite: © Werner Mansholt
Equipment: Leica Q, Summilux 1:1.7/28 Asph.; Leica M9 mit Summicron-M 1:2/35 Asph.
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