Rezas Feuer

Lela Ahmadzai

15. März 2016

„Hunderte Brote backt Reza jeden Tag im traditionellen Lehmofen. Zehn Stunden täglich im Schneidersitz mit gekrümmten Rücken über dem heißen Tandoor: So verdient sie den Lebensunterhalt für sich und ihre sieben Kinder – und finanziert die Opiumsucht ihres Mannes.“
Im Rahmen ihres Projekts $italics:Die Unbeugsamen – Vier Frauen in Kabul$ hat Fotografin Lela Ahmadzai vier afghanische Frauen über sechs Jahre hinweg begleitet. Neben den Fotografien die bereits im Willy-Brandt-Haus in Berlin ausgestellt wurden, hat Ahmadzai in Kooperation mit 2470.media, einer Produktionsfirma für multimediales Storytelling, auch eine Webdokumentation erstellt. Journalist Stephan Bader erzählt hier die Geschichte einer der vier Frauen, der Bäckerin Reza Guel.

„Hunderte Brote backt Reza jeden Tag im traditionellen Lehmofen. Zehn Stunden täglich im Schneidersitz mit gekrümmten Rücken über dem heißen Tandoor: So verdient sie den Lebenunterhalt für sich und ihre sieben Kinder – und finanziert die Opiumsucht ihres Mannes. Sie arbeitet hart, um ihren Kindern eine bessere Bildung zu ermöglichen. Aber wie lange noch? Die Wiedererstarken der Taliban macht ihr Sorgen. Sollten die Radikalen wieder an die Macht kommen, befürchtet Reza, dass sie ihre Arbeit nicht mehr ausüben darf. 

Eine Frau wie Reza – Analphabetin, mit 16 Jahren verheiratet, traditionelle Familienstruktur – erhält nur durch besondere Umstände die Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Bei ihr ist es die Arbeitsunfähigkeit ihres Mannes. Während des Bürgerkriegs in den 1990er-Jahren verlor Reza ihren ersten Mann, ihn hatte sie geliebt. Um die zwei Kinder aus dieser Ehe behalten zu können, musste sie ihren Schwager heiraten. Der sorgte anfangs für die Familie, verfiel aber während eines Arbeitsaufenthaltes im Iran dem Opium. Heute wird er verspottet – weniger für seine Sucht als dafür, dass Reza an seiner Stelle die Familie ernährt. Die beiden sind seit 12 Jahren verheiratet und haben fünf gemeinsame Kinder.

Reza lebt seit ihrer Geburt in Kabul. Hier hat sie die Zeit der sowjetischen Besatzung und anschließend den Bürgerkrieg erlebt, dann das Taliban-Regime und die Bombardements der Amerikaner nach dem 11. September 2001. Makroyan, wo Rezas Bäckerei steht, ist ein eher wohlhabender Stadtteil: Hier leben viele ehemalige Beamte und Funktionsträger aus der Zeit der Sowjetbesatzung. Reza selbst wohnt abgelegen in einer selbst gebauten Hütte auf dem Hügel Qalai Zaman Khan. Für ihren Arbeitsweg benötigt sie pro Richtung etwa eine Stunde zu Fuß.“

Lela Ahmadzai+-

Lela Ahmadzai ist in Kabul geboren und kam im Alter von 17 Jahren nach Deutschland. Seit 2003 kehrt sie regelmäßig nach Afghanistan zurück und dokumentiert die gesellschaftlichen und politischen Veränderungen in ihrem Heimatland. 2009 machte sie ihren Abschluss in Fotojournalismus und Dokumentarfotografie an der Fachhochschule Hannover. Heute ist Ahmadzai Mitinhaberin des Multimedia-Studios 2470.media und lebt in Berlin. Mehr

 

Rezas Feuer

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