UFO Living

Michael Nischke

14. Oktober 2022

Futuro und Venturo: Vor über 50 Jahren eine moderne Architekturvision – heute nahezu vergessen. Eine Spurensuche mit Michael Nischke.
Marode UFO-Träume wiederentdeckt: In den 1970er-Jahren waren die futuristischen Rundhäuser des finnischen Architekten Matti Suuronen Ausdruck einer Realität gewordenen Utopie. Modern, fröhlich und zukunftsoptimistisch landeten die aus Fieberglas und einer Polyruethan-Ummantelung gefertigten UFO-artigen Häuser an zahlreichen Orten der Welt. Dem Space-Age-Gedanken folgend, interessierten sich auch viele Künstler und Designer für diese außergewöhnlichen Wohnobjekte. Doch längst sind die meisten Futuro- und Venturo-Häuser wieder verschwunden und vergessen. Unerwartet stieß der Münchner Fotograf bei seinem Aufenthalt in Taiwan auf eine ganze Gruppe dieser Designikonen, die – eher unbeachtet und vernachlässigt – vor sich hinrotteten. Seine dort entstandene Serie hat ihren ganz eigenen futuristisch-morbiden Charme und wird nun erstmals in Hamburg ausgestellt.

LFI: Wie haben Sie die Häuser von Matti Suuronen in Taiwan entdeckt?
Michael Nischke:
Seit vielen Jahren liegt der Schwerpunkt meiner freien Arbeit auf ungewöhnlichen Architekturthemen. So habe ich beispielsweise die Stadtarchitektur in Pjöngjang (Nordkorea) in Schwarzweißbildern festgehalten, italienische Architektur der 1930er-Jahre in Asmara (Eritrea) fotografiert und schließlich die Futuro- und Venturo-Häuser in Taiwan. Während unserer Teilnahme an Taiwan Photo in den Jahren 2018 und 2019 stieß ich bei Recherchen auf das Thema. In Taiwan selbst sind die UFO-Häuser fast nicht bekannt. Vor allem gab es Informationen, dass sie bereits abgerissen sein sollten. Das bezog sich jedoch auf eine andere Ansiedlung an der Westküste. Auch vor Ort erhält man keine Informationen, was wohl auch an den mystischen Geschichten hängt, die sich um dieses Projekt ranken.

War es schwer, das Gelände schließlich zu finden?
Anfang Februar 2020 – während meiner Ausstellung Unplugged Photography Vol 3.0 in der 1839 Contemporary Gallery – hielten wir uns eine Woche in Taipeh und Neu-Taipeh auf. Während dieser Zeit entstanden die Fotos. Wir mussten uns etwas länger durchfragen, bis wir ein Taxi bekamen. Entweder sagte man uns, man wüsste nichts von dieser Siedlung, oder man wollte nicht dorthin fahren. Auf dem menschenleeren Gelände kam – besonders abends – eine sehr eigentümliche Stimmung auf.

Wie muss man sich den Ort vorstellen?
Die Ansiedlung liegt direkt am Strand, etwas außerhalb. Der Eingang gelingt nur über einen Parkplatz vor einem ebenfalls verlassenen und maroden Hotelkomplex. Es fehlen bereits Häuser, die meisten sind stark beschädigt und baufällig. Einige wenige werden wohl zeitweise bewohnt. Fast alle Eingänge sind versperrt. 

Die Serie UFO Living wird erstmals in der Hamburger Galerie VisuleX noch bis zum 5. November ausgestellt.
Ulrich Rüter
ALLE BILDER AUF DIESER SEITE: © Michael Nischke
EQUIPMENT: Leica MP mit Summicron-M 1:2/35 Asph und Summicron-M 1:2/50 Asph

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Michael Nischke_2021_(C)Niklas_Nischke
© Niklas Nischke

...wurde 1956 in Berlin geboren und fand schon während seiner Schulzeit in Oslo, Norwegen, zur Fotografie. Nach seinem Fotografiestudium in Köln assistierte er von 1983 bis 1986 bei Heinrich Riebesehl. Neben seiner fotografischen Arbeit veröffentlichte er zahlreiche Fachbücher und war als Redaktionsmitglied bei Photo International für das Technikressort verantwortlich. 1990 gründete er in München die erste Fotogalerie, die sich speziell der Panoramafotografie widmet. Seine eigenen Arbeiten wurden in vielen Büchern und Ausstellungen präsentiert. Mehr

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