Das besondere Bild: Werk und Leben des Fotografen Sven Simon

18. Februar 2021

Zum 80. Geburtstag des Fotografen Sven Simon hat sein Sohn Axel Sven Springer mit Lars Broder Keil den Bildband „Das besondere Bild: Werk und Leben des Fotografen Sven Simon“ herausgegeben.
Der Fotograf Sven Simon, geboren als Axel Springer jr., Sohn des Verlegers Axel Springer, starb 1980 mit nur 38 Jahren. Geblieben sind von ihm ikonische Sport-, Politik- und Reisebilder, die auch heute noch das kollektive Gedächtnis prägen. Für das Buch Das besondere Bild: Werk und Leben des Fotografen Sven Simon hat Axel Sven Springer zusammen mit Lars Broder Keil das Archiv für eine Annäherung an den Fotografen durchforstet. Der Bildband ist am 5. Februar 2021 erschienen.

LFI: Was war die Idee hinter dem Buch?
Axel Sven Springer: Als mein Vater Axel Springer jr. starb, war ich noch keine 14 Jahre alt. Er war für mich zuallererst einfach mein Vater und in dieser Zeit Chefredakteur der Welt am Sonntag. So ist es nie dazu gekommen, dass ich ihn zu seiner Leidenschaft für die Fotografie oder zu seinen Prinzipien für den Beruf des Fotografen befragen konnte, für den er das Pseudonym Sven Simon gewählt hatte. Nicht einmal dazu, welche Kamera für ihn die beste war. Dieses Buch zum 80. Geburtstag gibt mir die Möglichkeit, hier meinem Vater näherzukommen.

Welche neuen Seiten im Werk Ihres Vaters haben Sie entdeckt?
Ich sehe anhand seiner Bilder, wie vielseitig er war und liebe seinen Stil. Fotos seiner Kollegen, die ihn bei gemeinsamen Terminen zeigen, führen mir meinen Vater bei der Arbeit vor Augen: wie ernst er an das Fotografieren gegangen ist, aber auch, welchen Spaß er dabei hatte. Für alle anderen Leser ist diese Werkschau eine Gelegenheit, sich an den Fotografen Sven Simon zu erinnern oder ihn neu für sich zu entdecken: über Bilder, die als Ikonen gelten, aber auch durch wenig bekannte Aufnahmen, die selbst mich überrascht haben.

Wie haben Sie die Bilder für den Bildband ausgewählt und gegliedert?
Handwerklich betrachtet haben wir zusammen mit dem Unternehmensarchiv der Axel Springer SE, den heutigen Besitzern der Agentur Sven Simon und dem Agentur-Mitbegründer Günter R. Müller zunächst nach Motiven und Fotoserien gesucht, die das Gerüst des Buches bilden sollten. Spannend wurde dann die Suche nach Vergessenem und Verborgenem. Das hat Spaß gemacht wie bei der Schatzsuche.

Was hat sich dabei herauskristallisiert?
Eine Erkenntnis: Das Foto meines Vaters von Uwe Seeler, der enttäuscht über das verlorene WM-Finale 1966 den Rasen von Wembley verlässt, ist vielleicht sein bekanntestes. Aber er war gar nicht „der“ Sportfotograf, als der er bis heute oft gesehen wird. Über die Sportfotografie hat er zu seiner Berufung gefunden, aber Erfolge hatte er als politischer Fotograf und als Porträtfotograf in Deutschland oder auf Reisen. Diese Vielseitigkeit spiegelt sich auch im Aufbau des Buches wider: Es ist nach diesen Sparten der Pressefotografie gegliedert.

Sven Simon hat für seine Arbeit zahlreiche Preise gewonnen. Kollegen sagten: „Er ist kein Fotograf, er ist ein Bildhauer.“ Was könnten sie in Hinsicht auf seine Bildsprache gemeint haben?
Vor allem seine Porträts haben etwas Bleibendes. Sie halten, wie eine Skulptur, das Wesen des Porträtierten fest. Der Publizist Peter Bachér hat das so formuliert: „Da war sein Instinkt untrüglich, da erkannte er blitzschnell, wenn sich in einem Foto die Wahrheit des Lebens, der Menschen spiegelte.“ Mein Vater selbst sagte: „Ich suchte nie das schnelle Foto, sondern den Augenblick, der szenisch ein Ereignis charakterisiert.“ Diese Beschreibung kommt dem Titel des Buches sehr nahe. Axel Springer jr. alias Sven Simon ging es nicht darum, Höhepunkte visuell einzufangen, sondern den Hintergrund, das Umfeld, die Essenz – das sollte seinem Bild die besondere Note geben.

Was war die besondere Note bei den Bildern?
Er wollte nach dem besonderen Bild suchen, das dem Betrachter sofort und nicht erst mit Blick auf den Stempel auf der Fotorückseite verrät: Das ist ein Sven Simon. Dabei reizten ihn offenbar zwei Dinge besonders: das Skurrile, beinahe Surreale einer Situation sichtbar zu machen. Und zweitens selbst bei politischen Porträts eine fast private Atmosphäre zu schaffen, mit seinem Objektiv einen Augenblick zu erwischen, der mehr den Menschen als beispielsweise den Staatsmann zeigt. Wobei sich sein Gespür und eine gewisse Inszenierung die Waage hielten.

Wie hat Sven Simon nachfolgende Fotografen beeinflusst?
Das ist sicherlich schwer zu beantworten. Fachlich gesehen durch seinen Ansatz, die Fototechnik so zielgerichtet auszusuchen, um den eigenen Stil verwirklichen zu können. Dann durch den Willen, Neues auszuprobieren, vom Üblichen abzuweichen. So gilt mein Vater als einer der Ersten, die beim Fußball mit ihren Teleobjektiven nicht nur die unmittelbaren Torschüsse einfingen, sondern auch die lebendigen Szenen und Zweikämpfe des Spiels. Und schließlich dadurch, hier wiederhole ich mich: sich nicht mit dem Sichtbaren abzufinden, sondern das Besondere dahinter auf ein Bild zu bannen. (CSE)

Das besondere Bild: Werk und Leben des Fotografen Sven Simon
Herausgegeben von Axel Sven Springer und Lars-Broder Keil
Hardcover, Format: 24 x 21 cm, 144 Seiten, etwa 150 Abbildungen
20,00 € (D)/20,60 € (A), ISBN 978-3-86228-220-3

Edition Braus
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