Buchtipp: Ernst Leitz III

1. November 2019

Nach den Bänden über Max Berek, den Entwickler der ersten Leica-Ojektive, Ernst Leitz I und II hat Knut Kühn-Leitz nun ein sehr lesenswertes und umfangreich illustriertes Buch über seinen Onkel Ernst Leitz III herausgegeben.
Ernst Leitz III (1906–1979) absolvierte nach dem Abitur zunächst eine dreieinhalbjährige Lehre als Feinmechaniker in den Ernst Leitz Werken und nahm anschließend im Sommersemester 1926 ein Studium der Physik an der damaligen Friedrich-Wilhelms-Universität (heute Humboldt-Universität) in Berlin auf. Das Studium musste er nach nur vier Semestern aufgeben, da ihn sein Vater in der schwierigen Phase nach Markteinführung der Leica und der heraufziehenden Weltwirtschaftskrise nach Wetzlar zurückbeorderte. 1930 wurde der 24-Jährige neben Ernst Leitz II und Henri Dumur einer der drei Geschäftsführer der neuen Ernst Leitz GmbH Wetzlar, der den Bereich Technik verantwortete. Nachdem sich sein Vater 1953 aus der Geschäftsführung zurückgezogen hatte, wurde Ernst Leitz Senior-Chef des Unternehmens und wechselte 20 Jahre später in den Aufsichtsrat.

In die Ära Ernst Leitz III fallen zahlreiche Beschlüsse und Ereignisse, die für die Entwicklung des Unternehmens und seiner Produkte von großer Bedeutung waren. Für die Fertigung der Leica war in den Leitz-Werken ein erstes optisches Feinmessgerät zur Kontrolle der in der Fertigung verwendeten Werkzeuge konstruiert worden, das auch auf das Interesse anderer Hersteller stieß. Das führte 1931 zur Gründung des neuen Geschäftsbereichs „Optische Feinmessgeräte“, in dem über vier Jahrzehnte die Entwicklung der Zweikoordinaten-Messtechnik vorangetrieben wurde, bis sie von der Dreikoordinaten-Messtechnik abgelöst wurde. Eigene Kapitel sind der Einrichtung eines Zweigwerks in Ontario, Kanada und der Gründung des Glaslabors 1954 in Wetzlar gewidmet. Auch die Eröffnung eines Zweigwerks in Vila Nova de Famalicão, Portugal, 1974 fiel noch in die Ära von Ernst Leitz III.

Auf dem Gebiet der Fotografie sei an dieser Stelle an erster Stelle die Vorstellung der M-Leica genannt. Die Leica mit Messsucher begann ab 1954 die Schraubleica abzulösen und ist bis heute eine der wichtigsten Kameras im Programm des Herstellers geblieben. Und es sei auf die lange, mühevolle Entwicklung des ersten Objektivs mit asphärischen Linsen verwiesen: Das Noctilux 1:1.2/50 wurde ab 1966 neun Jahre lang in einer Stückzahl von lediglich 1700 Exemplaren produziert – kein kommerzieller Erfolg, aber nach einem fertigungstechnischen Durchbruch Anfang der 90er-Jahre konnte Leica auf ein lange zuvor erworbenes Know-how zurückgreifen – seither sind Asphären wesentlicher Bestandteil fast beliebiger Objektiv-Designs.

In dem Band geht es aber nicht nur um technische und unternehmenspolitische Fragen, sondern etwa auch um die Leitz-Werke im Zweiten Weltkrieg und in der Nachkriegszeit, wobei auch der Einsatz von Zwangsarbeitern ausführlich erörtert wird. Gezeichnet wird das Bild einer Unternehmer-Persönlichkeit des 20. Jahrhunderts, die in der Lokal- und Landespolitik aktiv und die das generationenübergreifende Faible der Leitz-Familie für den Rudersport von 1947 bis 1973 als Vorsitzender der Rudergesellschaft Wetzlar 1880 e.V.

(Bernd Luxa)

Ernst Leitz III – Die Leica stets im Blick. Asphärentechnologie und Glasforschung – die Basis für legendäre Objektive; 272 Seiten, 22,2 x 28,7 cm, ca. 200 zeitgenössische Schwarzweißabbildungen, deutsch, Heel Verlag
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