Behind the Scenes: Fading Away

Joan Alvado

20. November 2018

Mit seiner Serie Fading Away entwirft der Fotograf surreale Bilder, die den Betrachter in Szenarien versetzt, in denen die Natur die Hauptrolle spielt und den Menschen zum Nebendarsteller degradiert. 
Um die verlassenen, endlos weiten Landschaften zu finden, musste Alvado gar nicht weit reisen, da in seinem Heimatland Spanien eine der am wenigsten besiedelten Gegenden Europas liegt – die Serranía Celtibérica. Wir sprachen mit dem Fotografen über globale Phänomene, irreparable Entwicklungen und den Stellenwert der Realität in seiner Fotografie.

LFI: Was war die ursprüngliche Idee hinter ihrem Projekt?
Joan Alvado: Zu Beginn war da nur ein leeres, weißes Blatt Papier. Als ich von der Geschichte der extremen Entvölkerung in der Serranía Celtibérica erfuhr, fühlte ich mich sehr angezogen von dieser Thematik, ich spürte, dass dies in visueller Hinsicht eine gute Serie werden würde. Alles, was ich also zunächst vor mir hatte, war dieses enorm riesige Gebiet von 63.000 Quadratkilometern. Mir war bewusst, dass ich ein Konzept für die Serie benötigte. Eines war mir dabei klar: Ich wollte einen „nostalgischen“ Ansatz vermeiden, den man bei diesem Thema erwarten würde: alte Menschen, eine Lebensweise, die verschwindet, verlassene Dörfer.... Als meine Reise begann und ich in diesen Gebieten fotografierte, wusste ich bereits, dass ich etwas erschaffen wollte, das anders aussehen würde.

Wie kam es zu dieser Bevölkerungsrückentwicklung in Spanien? Glauben Sie, dass Orte wie diese überall auf der Welt entstehen könnten?
Ja, Fading Away ist keine Narrative, die ausschließlich mit spanischen Provinzen verbunden ist. Meine Bilder sollen auch auf einer allgemeinen Ebene funktionieren, da ich diese Rückentwicklung für einen weltweiten Trend halte – insbesondere in den industrialisierten Ländern. Die Idee, die ich in meinem fotografischen Essay aufgreifen möchte, ist, dass dieser Trend nie wieder rückgängig gemacht werden kann. Die Landwirtschaft stirbt in den sogenannten „fortschrittlichen“ Gesellschaften. Wenn es keinen alternativen Wirtschaftsmotor gibt, der sie ersetzt, wird es in den ländlichen Gebieten nie wieder zu einer Wiederbevölkerung kommen.

Diese Überlegungen brachten mich zu dem Konzept, das ich gesucht hatte: Wie könnte die Zukunft in diesen ländlichen Gebieten aussehen, wenn der Trend zum Bevölkerungsverlust anhält? Wie könnten diese Gegenden in 30, 40, 50 Jahren aussehen?

In Ihren Bildern sieht die Umgebung sehr trostlos und leer aus, beinahe postapokalyptisch – und doch strahlen sie Schönheit und Ruhe aus. Gibt es bestimmte Emotionen, die Sie erzeugen wollen?
Ich wollte eine fantastische Umgebung erschaffen, die die Bilder ein wenig von der Realität abhebt. Die Fotos sollen nicht geerdet wirken, und nicht so sehr an Realitäten gebunden sein, die wir kennen. So begann ich, Landschaften zu fotografieren, die einen beinahe futuristischen Touch haben. Diese Bilderfamilie begann schnell zu einem interessanten Gesamtwerk anzuwachsen. Bei meiner Suche nach der Essenz meiner Arbeit können mich meine Fotos manchmal sogar selbst leiten.

Der Stellenwert des Nicht-Realistischen ist mir dabei übrigens sehr wichtig. So ist es beispielsweise nicht überall in diesen Gebieten so leer wie in den Bildern vermittelt wird. Es gibt größere Dörfer, bevölkerungsreiche Städte, und ich bin täglich mit Mitmenschen in Kontakt getreten. Ich sage mit meiner Arbeit nicht: „Überall ist es verlassen“; ich filtere nur gewisse Dinge, um Bilder zu erzeugen, die in die subjektiven Muster passen, nach denen ich suche.
ALLE BILDER AUF DIESER SEITE: © Joan Alvado
EQUIPMENT: Leica M (Typ 240) mit Summilux-M 1:1.4/50 Asph.

LFI 08.2018+-

Erfahren Sie mehr über Joan Alvados Projekt Fading Away im LFI-Magazin 08.2018. Mehr

Joan Alvado+-

Joan Alvado © Joan Cantó
© Joan Cantó

Alvado, 1979 im spanischen Altea geboren, geht seit 2007 seiner Leidenschaft für Fotografie in Barcelona nach. Vordergründig widmet er sich dabei dokumentarischen Projekten. Oft beruht seine Arbeit auf Geschichten aus seiner Heimat oder spielt sich in Umgebungen ab, die ihm vertraut sind. Großen Wert legt er dabei auf die Vermeidung von Konzepten und Bildsprachen, die bereits allzu oft reproduziert wurden. Mehr

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