Buch des Monats – Internalized Kami
Buch des Monats – Internalized Kami
Thomas Bergner
27. Februar 2018
© Thomas Bergner
Schlägt der Interessierte jetzt das Buch auf, so wird er zunächst mit zwei komplexen Essays konfrontiert, wobei Schrifttyp und Satz an Klassiker der Fotobuchgeschichte erinnern. Ein klassischer Tafelband muss Pate gestanden haben. Text und Bild sind säuberlich getrennt, selbst auf Bildunterschriften und Seitenzahlen wird im Bildteil verzichtet. Doch die Irritation geht noch weiter: Mit bis zu sieben Leerseiten wird der Bilderfluss immer wieder unterbrochen – allein das Blättern erfordert Aufmerksamkeit.
Und die Motive? Dunkel. Sehr dunkel. Manchmal nebelverhangen, oft geheimnisvoll. Das Erkennen wird dem Betrachter nicht leicht gemacht. Geht es doch auch absichtsvoll um die Darstellung von Licht. Der Begriff „Lichtbildnerei“ kann bemüht werden. Intensiv setzt sich der Fotograf mit der Dämmerung auseinander, belichtet seinen analogen Film über viele Stunden. Dieses Einschreiben der Zeit soll sich dann beim Betrachten der Bilder wieder entfalten. „Ich möchte erreichen, dass sich der Betrachter für jedes einzelne Bild Zeit nimmt, es analysiert, darüber nachdenkt und vielleicht seine eigene Geschichte einbringt“, so der Fotograf. Lässt man sich als Betrachter erst einmal darauf ein, entsteht ein spannendes Zwiegespräch mit dem Bildband. Und wer dann noch den philosophischen oder spirituellen Überbau braucht, kann sich über den japanischen Begriff des Kami informieren, hier hilft dann wieder der Text: Ehrfurcht, Freude, Faszination, Verwunderung, Angst oder andere Gefühle können als Kami angesehen werden.
In einer Online-Rezension können die Bilder nur ungefähr den Eindruck wiedergeben, der im gedruckten Buch erzielt wird. Hier sind Fotograf und Verlag an die Grenzen des Darstellbaren gegangen. Doch das Ergebnis überzeugt in seiner Konsequenz der formalen Überraschung. Die Zeit dafür muss man sich allerdings erst einmal nehmen! (Ulrich Rüter)
Thomas Bergner+-
Thomas Bergner wurde 1985 in Plauen geboren. Nach verschiedenen Klassen an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg erhielt er den Absolventenpreis und begann anschließend einen Lehrauftrag. Seine Arbeiten zeigen eine Vielzahl von Orten zwischen Himmel und Erde, oftmals nach Einbruch der Dämmerung oder in der Dunkelheit. Mehr
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