Fotoreportagen von Stefan Moses

Stefan Moses

30. Januar 2019

Bildreporter, Chronist, Porträtfotograf: Stefan Moses hatte einen unverwechselbaren Blick auf seine Zeitgenossen. Genau vor einem Jahr ist der „Jahrhundertfotograf“ gestorben. Das Deutsche Historische Museum in Berlin widmet ihm nun eine große Retrospektive.
Stefan Moses (1928-2018) zählt zu den renommiertesten Fotografen der Bundesrepublik, viele seiner Bilder und Serien haben Geschichte geschrieben, etwa „Die Deutschen“ mit Aufnahmen von Angehörigen verschiedenster Berufsgruppen, die er stets im Freien vor einem einfachen grauen Tuch fotografierte.

Die DHM-Ausstellung zeigt nun anhand von 250 Arbeiten seinen Weg vom umtriebigen Bildreporter zu einem der wichtigsten Chronisten und Porträtfotografen Deutschlands. Im Fokus stehen bei der Berliner Ausstellung insbesondere auch seine frühen Fotoreportagen, die seit 1950 für Zeitschriften des Münchner Kindler-Verlags und ab 1960 für das Magazin STERN entstanden.

Dass sich sein Blick neben vielen internationalen Reportagen immer wieder auf ein „exotisches“ – so wie es der Titel der Berliner Schau jetzt formuliert – Deutschland bezieht, liegt nicht zuletzt an seinen eigenen Erfahrungen. Er bewahrte sich einen distanzierten, aber immer auch neugierigen Blick auf Deutschland, das sich nach Terror und Krieg mit Wiederaufbau und Wirtschaftswunder neu erfinden wollte. „Für mich ist Deutschland genauso exotisch wie Afghanistan oder Paraguay, überall unerforschte Gebiete“, so die Begründung Moses´ für sein lebenslanges Interesse an den fotografischen Erkundungen in Deutschland. Dabei hatte er während des deutschen Faschismus die Härten der Ausgrenzung kennengelernt: als nach den NS-Rassegesetzen so genannter „Mischling 1. Grades“ wurde der 1928 geborene Moses 1943 zunächst vom Gymnasium in Breslau verwiesen und ab 1944 in ein Zwangsarbeiterlager interniert. Er überlebte, die Fotografie-Ausbildung bei Grete Bodlée ermöglichte es ihm, sich erfolgreich als Fotograf zu etablieren. Er blieb in Deutschland - die Ausreisepläne in die USA wurden nicht umgesetzt, denn „es war mir unmöglich, dieses Deutschland, das ich ja kaum wirklich kannte, zu verlassen. Ich wollte hier bleiben, hier reisen und Bilder von den Menschen machen, die wie ich den Krieg überlebt hatten.“ Das von ihm geschaffene Stück Zeitgeschichte wird in der aktuellen Ausstellung deutlich. Sie präsentiert frühe, weitgehend unbekannte Fotoreportagen aus dem Nachlass des Fotografen und eine Auswahl seiner berühmtesten Porträtserien „Die Deutschen“ und „Emigranten“, die zur Sammlung des Museums gehören. Wieder zeigt sich, dass Moses nicht nur ein präziser Beobachter politischer und gesellschaftlicher Befindlichkeiten, sondern vor allem ein Menschenfotograf war. Klug und mit leicht ironischem Blick hat er ein unverwechselbares Werk geschaffen, dass nun bis zum 12. Mai wieder besichtigt werden kann.

Weitere Informationen zur Ausstellung gibt es beim Deutschen Historischen Museum.

Im LFI-Magazin 6/2018 wurde Stefan Moses als Leica Klassiker vorgestellt.
Ulrich Rüter
ALLE BILDER AUF DIESER SEITE: © Stefan Moses

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Stefan Moses, Self-portrait with cameras, around 1960 © Else Bechteler-Moses

Geboren am 29. August 1928 in Liegnitz/Niederschlesien (heute Polen). Sein Vater, ein jüdischer Rechtsanwalt, verunglückt 1932 tödlich; mit der Mutter zieht er 1938 nach Breslau. Fotografenausbildung bei Grete Bodlée.
1947 als jüngster Theaterfotograf am Nationaltheater Weimar. 1950 Umzug nach München; für verschiedene Magazine tätig; zahlreiche Reisen. Ab 1960 fester Fotograf des Stern. LFI 2/1963 widmet ihm als „Meister der Leica“ ein Portfolio. Er beginnt intensiv an freien Projekten zu arbeiten.
1995 übergibt er seinen fotografischen Vorlass dem Fotomuseum im Münchner Stadtmuseum. Zahlreiche Publikationen, Ausstellungen und Ehrungen. Am 3. Februar 2018 ist Stefan Moses in München verstorben. Mehr

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