Jìndù
Jìndù
Robin Hinsch
8. November 2019
Robin Hinsch: Gehen wir einmal von der Annahme aus, dass wir in einer effizienzorientierten Welt leben und sich dieses Denken in den kommenden Jahren deutlich steigern und dramatisieren wird. Nahezu jeder Lebensbereich wird vermessen und kalkuliert, sodass die größten Werte oder Wertsteigerungen der Weltwirtschaft in immateriellen Finanzprodukten generiert werden können. Genau an diesem Punkt setzt die Arbeit an. Die Menschen spielen dabei eine sehr große Rolle, aber eher als übergeordnete Gestalterinnen und Gestalter. In der Arbeit dreht sich also vieles um den Topos eines „Sieg des Menschen über die Natur“. Darum sollen die Arbeiten ein Gefühl von Dystopie hervorrufen, da die Menschen sich mit dem vermeintlichen Sieg eigentlich selbst zerstören.
Sie haben für Ihr Projekt lediglich 23 Tage benötigt – nicht sehr lange für die acht Megacitys, die Sie besucht haben. Wie kann ich mir Ihren fotografischen Ansatz vorstellen?
Ich habe beim Fotografieren eine zuvor recherchierte Route verfolgt und sie dann vor Ort adaptiert. Selbstverständlich sind all diese Städte total überwältigend, aber auch darin lag der Reiz des Projekts. Mir ging es vor allem um die Fragestellung, ob sich diese Städte ähneln – und wenn ja, in welcher Form. Gibt es so etwas wie eine gemeinsame Syntax, ein gemeinsames Vokabular, oder bestechen wirklich alle Städte mit ihrer eigenen Individualität? Aber auch der Reiz der Überflutung und Überforderung war sehr faszinierend. Meine Zielsetzung war es, eine visuelle Metapher für unsere gemeinsame Zukunft zu formulieren.
Welche fotografischen Herausforderungen gab es während des Projekts zu bewältigen?
Der Zeitrahmen war sehr eng gesteckt, was manchmal zu logistischen Herausforderungen führte, die aber lösbar waren und auch zum Teil des Projekts geworden sind. Die Orte, die sich im Vorfeld meiner Recherche als relevant oder interessant herausstellten, ergeben allein aber noch kein Bild. Deshalb war und ist es mir generell wichtig, dass meine Arbeit ihre ganz eigene Sprache hat, die sich auch erst im Verlauf des Projekts entwickelte. Da es in der Arbeit viel um Werte und übergeordnete Begrifflichkeiten geht, war mir diese Form der Abstraktion sehr wichtig. Als Herausforderung der angenehmen Art betrachte ich den Umgang mit der Erkenntnis, dass es auch andere Auffassungen und Weltanschauungen gibt als die des Eurozentrismus.
Lesen Sie mehr über die Arbeit von Robin Hinsch in der aktuellen Ausgabe vom LFI Magazin.
Robin Hinsch+-
Studium der Fotografie in Karlsruhe, Hannover und Hamburg. Seit 2014 arbeitet er selbstständig als Fotograf für internationale Magazine und Zeitungen wie The Guardian, Der Spiegel oder das Sunday Times Magazine. Seit 2016 berufenes Mitglied der Deutschen Fotografischen Akademie. 2017 gründete Hinsch den Ausstellungsraum Studio 45 in Hamburg und kuratiert dort eine Reihe, die sich junger internationaler Fotografie verschrieben hat. Mehr