Der Ich-Erzähler

Patrick Zachmann

19. Mai 2016

Seit vierzig Jahren ist der Magnum-Fotograf Patrick Zachmann mit seiner Leica auf der ganzen Welt unterwegs: jüdische Identität, die chinesische Diaspora, die Situation von Migranten in Marseille – seine Themen sind dabei so vielfältig wie seine Bildsprache. Ein Interview.
Seit vierzig Jahren ist der Magnum-Fotograf Patrick Zachmann mit seiner Leica auf der ganzen Welt unterwegs: jüdische Identität, die chinesische Diaspora, die Situation von Migranten in Marseille – seine Themen sind dabei so vielfältig wie seine Bildsprache. „Ich möchte mich nicht wiederholen, so wie es vielen Fotografen mit einem speziellen Stil ergeht”, erklärte Zachmann einmal in einem Interview. Ein Grund mehr, einen Querschnitt seiner Arbeiten zu zeigen: analog und digital, eigenwillig und beeindruckend, in Farbe und in Schwarzweiß. Nur eines bestimmt nie: vorhersehbar.

Lesen Sie das ganze Interview mit Patrick Zachmann im M Magazin No. 4.


Was für ein Fotograf sind Sie?

Ich bin ein Sujet-Fotograf und kein Street-Fotograf, auch wenn ich viel in den Straßen fotografiere. Aber ich tue das nicht immer mit einem Motiv im Kopf. Ich gehe narrativ vor. Bei meiner Motivsuche interessiert mich nicht das schöne Bild, sondern der Sinn.


Soll das bedeuten, dass ein einzelnes Foto, so schön es auch sein mag, nicht für sich allein genügt?

Natürlich versuche ich, die schönstmöglichen Fotos zu machen, aber das schöne Bild an sich interessiert mich nicht. Ich stehe nicht in dieser sehr französischen Tra­dition der humanistischen Fotografie eines Willy Ronis. Ich suche nicht nach dem entscheidenden Augenblick, so magisch und virtuos, wie das Henri Cartier-Bresson getan hat. Meine Fotografie widmet sich mehr den Momenten. Ich beziehe diesen entscheidenden Augenblick als fotografisches Werkzeug im Hintergrund ein. Meine ersten Aufnahmen und die Gesamtheit des Bildes stehen eher im Gegensatz zu dieser Auffassung von Fotografie.


Was bestimmt Ihre Auswahl bei der Bildaufnahme und beim Editing Ihrer Motive?

Bei der Aufnahme fühle ich mich von den Motiven, den Lichtern, den Gesichtern und natürlich von den Situationen angezogen. Danach vergesse ich sie wieder. Im Editing-Prozess ist es wie eine zweite Auswahl, die man trifft. Häufig passiert es mir dann, dass mich dieselben Lichter, dieselben Menschen und Situationen wie bei der Aufnahme wieder in ihren Bann ziehen. Das kann ich als Bestätigung für meine Arbeit lesen, die sehr intuitiv und emotional ist. Außerdem gewinnen beim Editing die Ästhetik und die Komposition Konturen. Mir macht es nichts aus, sollte ein Bild einmal nicht perfekt sein, wenn mir nur seine Emotion gefällt. Ein gutes Foto vereint Sinn mit Ästhetik. Aber am meisten Gewicht lege ich auf die Abfolge der Bilder. Hier bin ich der Tradition des amerikanischen „Photo Essay“ verpflichtet.
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© Haoyang
© Haoyang

Der französische Fotograf und Filmemacher wurde 1955 geboren und ist seit 1985 Mitglied der Agentur Magnum. Im Laufe seiner Karriere setzte er zahlreiche Langzeitprojekte um, die etwa die jüdische Identität, die chinesische Diaspora oder die Polizeiarbeit in Neapel dokumentieren. Nach wie vor beeinflusst er die Welt der Fotografie durch internationale Ausstellungen, Retrospektiven und Workshops. Mehr

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