Nómade

Martin Herrera Soler

3. August 2021

Für seine Serie begab sich Martin Herrera Soler an zufällig ausgewählte Orte, ließ sich stundenlang treiben und fotografierte, was er selbst in diesen Momenten schön fand.
Er sagt, dass beim Fotografieren einige Orte zu ihm „sprachen“: Für Martin Herrera Soler war Nómade nicht nur eine Suche nach außergewöhnlichen Motiven, sondern auch nach dem persönlichen Raum und der eigenen Identität in einer Phase des Übergangs.

LFI: Was bedeutet der Titel Ihrer Serie?
Martin Herrera Soler: Nómade bezieht sich sowohl auf eine persönliche Erfahrung als auch auf den kreativen Prozess, den ich für dieses Projekt gewählt habe. Ich wurde in Venezuela geboren und lebte danach in Caracas, Montevideo, Santiago, Miami und Los Angeles. Ich habe drei Nationalitäten, und doch habe ich mich nie mit einer von ihnen voll identifiziert. Dieses Projekt war eine Reise, um einen Raum zu schaffen, in dem ich mich wirklich zu Hause fühlen konnte.
Auch die Herangehensweise an dieses Projekt war nomadisch. Es drehte sich alles um das Fortbewegen. Ich begab mich an einen beliebigen Ort und ließ mich stundenlang treiben. Dabei zeichnete ich meinen Aufenthaltsort mit einem GPS-Gerät auf. Das Ergebnis waren wunderschöne Spuren, die die erfassten Stadtfragmente zu einem einzigartigen Raum zusammenfügten. Meinem Raum. Einem, in den ich wirklich gehöre.

Es scheint, als würden Sie weniger schöne als vielmehr versteckte, zerfallende Dinge zeigen, warum?
Ich glaube, Schönheit ist eine subjektive und kontextabhängige Angelegenheit. Was ich also fotografiere ist das, was ich zu dem Zeitpunkt schön fand. Wenn ich dieses Projekt zu einem anderen Zeitpunkt und mit einem anderen Gemütszustand noch einmal machen würde, dann würde ich vielleicht nach anderen Dingen suchen. Dennoch gebe ich zu, dass das, was mich bei diesem Projekt bewegt und fasziniert hat, nicht das ist, was die meisten Menschen als „schön“ bezeichnen würden. Die Räume, die ich ausgewählt habe, haben eine gewisse Abnutzungsqualität. In der Tat scheinen sich viele von ihnen in einem Übergangsprozess zu befinden; entweder werden sie neu gebaut oder abgerissen. Darüber hatte ich vorher nicht nachgedacht, aber vielleicht ähneln die Bilder, die ich gemacht und ausgewählt habe, sehr meinem eigenen Übergang, als ich mit der Arbeit an diesem Projekt begann: Nach jahrelangen Versuchen war ich kurz zuvor Vater geworden. Die Vaterschaft bewegte mich zutiefst und lud mich ein, darüber nachzudenken, wer ich war, über die Beziehung zu meinen eigenen Eltern, und sie forderte mich heraus, darüber nachzudenken, wer ich für dieses wunderbare neue Geschöpf in meinem Leben werden wollte. Vielleicht war das, was ich damals fotografierte, ein Spiegelbild der nicht so schönen und ungelösten Seite meiner selbst.

Sie haben mit einer Leica SL gearbeitet. Was macht diese Kamera in Bezug auf die Architekturfotografie so besonders?
Ich liebe die SL. Ich benutze sie hauptsächlich wie eine M-Kamera. Ich habe nur M-Objektive, und nach der Ersteinrichtung habe ich das Menü nie wieder aufgerufen. Ich habe ein paar Tastenkombinationen für die ISO-Auswahl, und das war’s auch schon. Für dieses Projekt waren die SL und das 50-mm-Summilux-M-Objektiv eine sehr elegante Kombination. Mir gefiel die Möglichkeit, die Bildkomposition in ihrem großartigen Sucher noch genauer zu visualisieren. Ich entschied mich, das Projekt im Seitenverhältnis 6 × 7 zu fotografieren, und ich lernte schnell, wo der Ausschnitt im Sucher passen würde. Das ermöglichte mir eine sauberere Komposition als mit dem Messsucher.
Katja Hübner
ALLE BILDER AUF DIESER SEITE: © Martin Herrera Soler
EQUIPMENT: Leica SL mit Summilux-M 1:1.4/50 Asph.

Martin Herrera Soler+-

© Tali Kimelman
© Tali Kimelman

Nach einer Karriere im Unternehmenssektor wagte Martin Herrera Soler 2004 den Schritt in die künstlerische Welt und wurde Fotograf. Nach vielen und langen Auslandsaufenthalten kehrte er 2008 nach Uruguay zurück, um sich von nun an in Bildern mit seinem Heimatland zu beschäftigen. Seine Arbeiten wurden in Einzel- und Gruppenausstellungen in den Vereinigten Staaten, Deutschland, Brasilien und Uruguay präsentiert. Mehr

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