Imperial County

Lars Borges

14. August 2023

Der Fotograf erzählt eine Geschichte über den ungehemmten Kapitalismus in Amerika und über die Menschen, die ihm mit einem unbeugsamen Optimismus begegnen.
LFI: Was ist das Imperial County, und wie sind Sie dorthin geraten?
Lars Borges:
Auf einem Flug von Louisiana nach Kalifornien, über den Süden der USA hinweg, blickte ich aus dem Fenster und entdeckte etwas Unerwartetes: einen riesigen Teppich aus Grünflächen, umgeben von endloser Wüste. Dieser Anblick weckte meine Neugier und führte mich zu meiner ersten Begegnung mit dem Imperial County. Es befindet sich in der Sonora-Wüste, zählt zu den trockensten und heißesten Regionen der USA und ist dank intensiver Bewässerung eine bedeutende Agrarregion. Die Menschen dort arbeiten unter schwierigen Bedingungen und akzeptieren geringe Löhne. Trotzdem ist die Arbeitslosigkeit hoch und die Armut weit verbreitet. Viele verdursten jedes Jahr bei dem Versuch, illegal die Grenze zwischen Mexiko und den USA zu überqueren. Dieser Ort hat mich fasziniert, erschreckt und zum Fotografieren angeregt. Ich habe die Serie vor Trumps Wahl zum US-Präsidenten produziert, sie spiegelt für mich einen Ausschnitt Amerikas und unserer Zeit wider, mit den Themen wie Klimawandel, Grenzen, Armut, Migration, Wasser- und Nahrungsknappheit sowie den Folgen des unkontrollierten Kapitalismus für Mensch und Natur. Ich wollte diese Themen verstehen und sichtbar machen – so ist dieses Projekt auf einem Gebiet von nur etwa 100 mal 100 Kilometern entstanden.

Die Menschen stehen im Mittelpunkt Ihrer Serie, zeigen sich quasi „nackt“ vor der Kamera …
Mir war es von Anfang an wichtig, nicht über die Leute zu urteilen und ihnen ein vorbestimmtes Bild aufzuzwingen. Ich wollte sie nicht in eine bestimmte Richtung drängen, um mich selbst zu profilieren. Man hat mich schon öfter gefragt, wie es mir gelingt, diese Nähe zu völlig fremden Menschen herzustellen. Die Antwort darauf ist einfach: Ich fotografiere keine Fremden. Mit den meisten Personen, die im Buch vorkommen, habe ich längere Zeit verbracht, oft Stunden oder sogar Tage. Es hat viel Zeit und Mühe gekostet, so nah an sie heranzukommen, aber es war auch unglaublich lohnend. Ich habe viel gelernt, und die Fotos berühren mich viel stärker, als wenn sie nur oberflächlich entstanden wären.

Die Temperaturen im Imperial County können bis auf 50 Grad Celsius steigen – was war die fotografische Herausforderung für Sie, und wie hat sich die M9 dafür geeignet?
Das Fotografieren bei extremer Hitze kann natürlich sowohl physisch als auch mental herausfordernd sein. Die sengenden Temperaturen können dem eigenen Körper und der Technik zusetzen, ich musste alles etwas genauer planen: Immer genug Wasser dabei haben, regelmäßig Pausen einlegen, um Erschöpfung zu vermeiden, mich nicht zu lange der Sonne aussetzen. Es gibt außerdem überall feinen Sand und Staub. In dieser anspruchsvollen Umgebung erwies sich die Verwendung einer Leica-M-Kamera als äußerst vorteilhaft. Das kompakte Design ermöglichte es mir, die Kamera immer dabei zu haben und mich physisch nicht noch mehr zu belasten. Trotz extremer Hitze hat die Kamera stets gut funktioniert. Der besondere Look und die Farben des Kodak-Sensors der Leica M9 haben gut für dieses Projekt gepasst.
Katja Hübner
ALLE BILDER AUF DIESER SEITE: © Lars Borges
EQUIPMENT: Leica M9 mit Summicron-M 1:2/35 Asph und Summicron-M 1:2/50 Asph

LFI 6.2023+-

Eine Kooperation von Lars Borges und Luzie Kurth finden Sie im LFI Magazin 6.2023. Mehr

Lars Borges+-

Lars-Borges-2020MF
© Studio Borges

Ist als Fotograf in Berlin und Paris für internationale Magazine und Agenturen tätig. Seine Arbeiten wurden mehrfach ausgestellt, unter anderem in der Leica Galerie und der Kunsthalle Wien. Sein Buch Imperial County ist 2017 im Kehrer Verlag erschienen. Zusammen mit der Künstlerin Luzie Kurth veröffentlichte er unlängst das Projekt We Share the Meal, das ab September 2023 auf dem Yeast Photo Festival präsentiert wird.  Mehr

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Imperial County

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