Buch des Monats – Janet Delaney – Public Matters

Janet Delaney

29. November 2018

Mit der Veröffentlichung ihrer farbenfrohen Porträts des öffentlichen Lebens im San Francisco der achtziger Jahre möchte Janet Delaney zeigen, wie wichtig Engagement und Vielfalt in den Städten auch heute noch sind.
Back to the 80´s! Auch in ihrem neuen Buch nimmt uns die Bildautorin mit in die Reagan-Ära Mitte der 1980er Jahre in San Francisco. Aber hier geht es nicht um ein verklärendes Retrobild der Zeit mit typischer Mode, großen Frisuren oder den unvermeidlichen Ghetto-Blastern. Natürlich sind alle diese Dinge dabei, doch Delaney liefert vor allem ein Zeitbild des Umbruchs. Die Fotografin lebte damals im primär lateinamerikanisch geprägten Viertel Mission District. Insbesondere an den Wochenenden fotografierte sie öffentliche Versammlungen, von der jährlichen Cinco de Mayo-Parade bis hin zu den Demonstrationen für Frieden, Arbeit und Gerechtigkeit, die sich gegen die Invasion der USA in Nicaragua richtete. Die Straße und der öffentliche Raum waren mehr als nur der Bereich, in dem sich Nachbarn auf dem Weg zum Einkaufen oder zur Arbeit trafen. Vielmehr ging es um gesellschaftliche Belange, die hier diskutiert und in die Öffentlichkeit getragen wurden.
In ihren Aufnahmen, die in warmen, sonnigen Farben strahlen, hat sich Delaney unter die Menschen auf der Straße gemischt. Sie zeigt Demonstranten, Messebesucher, Crossdresser, Teilnehmerinnen von Schönheitswettbewerben, Tänzer, Verkäufer, Mütter, Kinder, Cowboys.
Seit 1967 lebte Delaney in der Stadt und beobachtete ihren Alltag, ohne dabei damals schon genau zu wissen, was aus den Bildserien einmal werden sollte. „Ich habe San Francisco immer als einen kleinen Ort gesehen, an dem große Dinge passieren“, erinnert sich die Fotografin. Die Fotografin war keine Touristin, die sich von der Buntheit der Straße blenden ließ, aber sie hatte den nötigen objektiven Kamerablick, um seismografisch Besonderheiten und Veränderungen festzuhalten. Umso mehr sehen wir heute die Umbrüche einer fortschreitenden Gentrifizierung, die auch längst die Viertel San Franciscos überformt haben. Public Matters feiert Multikulturalismus und kollektive Kämpfe für soziale Gerechtigkeit, doch der Bildband ist dabei keineswegs ein melancholischer Rückblick, sondern lässt den Betrachter umso mehr darüber nachdenken, welche lebendige öffentliche Kultur heute nötig wäre, um auf aktuelle Herausforderungen politischer und gesellschaftlicher Prozesse zu reagieren.
(Ulrich Rüter)

Public Matters, Janet Delaney
120 Seiten, 79 Farbabbildungen
29 x 22,8 cm, Englisch
Mack Books
ALLE BILDER AUF DIESER SEITE: © Janet Delaney

Janet Delaney+-

photo.janet.web
© Johanna Jetton

Die 1952 in Compton, Kalifornien, geborene Fotografin hat seit den 1970er Jahren ihre Nachbarschaft in San Francisco dokumentiert. Sie erhielt einen BFA von der San Francisco State University (1975) und einen MFA vom San Francisco Art Institute (1981). Mit ihrer Großbildkamera und Farbfilm hat sie immer wieder den Alltag ihres Stadtviertels dokumentiert. Bereits 2013 erschien das Buch South of Market (ebenfallls bei Mack), in dem ebenfalls Umbrüche in diesem Stadtviertel thematisiert wurden. Janet Delaney lebt und arbeitet in Berkeley, Kalifornien. Mehr

1/5
1/5

Buch des Monats – Janet Delaney – Public Matters

Janet Delaney