Regards Parisiens

Henry Freitag

3. Mai 2024

Im Frühjahr 2022 ist der in der Schweiz lebende Fotograf durch Paris gestreift, inspiriert von Garry Winogrand und Joel Meyerowitz.
Bereits viele berühmte Fotografinnen und Fotografen haben sich der Herausforderung gestellt, auf den Straßen der französischen Haupstadt auf die Pirsch zu gehen. Während eines längeren Aufenthalts in der Metropole hat Henry Freitag jedoch die Gelegenheit genutzt, mit seiner Leica M10-P einige frische Impressionen einzufangen. „Was mich antreibt und täglich nach draußen zieht, ist die Neugier auf das Unbekannte. Es geht darum, einfach mit wachen Augen durch die Straßen zu laufen und dann auf entscheidende Momente reagieren zu können“, sagt Freitag über seine Serie Regards Parisiens.

LFI: Street Photography in Paris ist ein fotografisch vielbearbeitetes Thema. Was hat Sie dazu bewogen, das Thema zu verfolgen?
Henry Freitag:
Im Frühjahr 2022 hatte ich die Möglichkeit, 60 Tage in Paris zu leben. Ich hatte keinerlei alltägliche oder berufliche Verpflichtungen, nur Fotografieren (und Baguette essen). Diese einmalige Gelegenheit nutzte ich, um mich voll und ganz auf die Straßenfotografie zu konzentrieren. Ich wollte das heutige Paris durch meine Augen zeigen. Getrieben von meiner Neugier, erforschte ich täglich die Straßen der Stadt. Mein Ziel war es, Momente einzufangen und zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, ähnlich wie meine Vorbilder Garry Winogrand und Joel Meyerowitz.

Welche Herausforderungen bringt die Stadt Paris für Fotografen mit sich, was ist Ihnen dort besonders aufgefallen bzw. was scheint „typisch Paris“ zu sein?
Die Pariser sind recht unkompliziert vor der Kamera. Ich hatte nie das Gefühl, dass ich sie störe. Die Geschäftigkeit und Geschwindigkeit in Paris ist auf jeden Fall anders oder besser gesagt schneller als in meiner Heimatstadt. Es ist ähnlich wie in New York. Die meisten müssen schnell von A nach B und interessieren sich herzlich wenig für mich. Auffällig ist natürlich, dass sich grundsätzlich alle viel eleganter kleiden.

Wie oft am Tag gelingt es Ihnen, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein?
Es gelingt erstaunlich oft, aber das ist auch kein Wunder, wenn man viel Zeit investiert. Täglich war ich etwa sechs bis acht Stunden zu Fuß unterwegs, vorzugsweise dort, wo viel Leben herrscht. Mit der Zeit lernte ich die besten Orte kennen. Früher oder später befand ich mich dann zwangsläufig zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Menschen zu fotografieren – ist das heutzutage schwieriger oder leichter als früher, beispielsweise zu Zeiten Winogrands oder Meyerowitz’?
In meiner Vorstellung ist es heute schwieriger. Ich vermute, dass sich die Leute früher weniger Gedanken darüber gemacht haben, was der Fotograf wohl mit den Bildern macht. Außerdem war das Thema Straßenfotografie damals noch kein großes Thema. Heute habe ich das Gefühl, dass viele zunächst misstrauisch sind. Mir würde es selbst genauso gehen, wenn jemand ungefragt ein Bild von mir macht. Aktuell befinde ich mich in einem Zwiespalt: Einerseits finde ich es wichtig, diese Bilder zu machen, andererseits macht die rechtliche Grundlage es Straßenfotografinnen und -fotografen heutzutage nicht leicht. 

Sie haben mit der Leica M10-P gearbeitet, in Kombination mit einem Leica Elmarit-M 1:2.8/28 Asph. Was mochten Sie an dem System?
Seit Langem war die M10-P mit einem 28-mm-Objektiv meine Traumkamera. Über ein Jahrzehnt hinweg habe ich Erfahrungen mit verschiedenen digitalen M-Modellen gesammelt. Besonders hervorzuheben bei der M10-P ist ihr leiser Verschluss, der sich durch seine Diskretion signifikant von dem der M10 abhebt. Für meine Arbeit ist die 28-mm-Brennweite ideal, sie trifft genau meinen Bedarf. Eine Verbesserung wäre noch durch das aktuelle 28er-Summicron möglich gewesen. Die Vorzüge einer M-Kamera für die Straßenfotografie sind ja weitreichend bekannt. Die Möglichkeit, mit Zonenfokus zu arbeiten, ist für mich nicht mehr wegzudenken.

Was wünschen Sie den Betrachtern Ihrer Bilder?
Meine Bilder laden dazu ein, sowohl die Welt durch mein Objektiv zu betrachten, als auch die Stadt Paris in einem facettenreichen Licht zu erleben. Sie zeigen nicht nur die bekannten Wahrzeichen und touristischen Highlights, sondern auch die versteckten Ecken, das alltägliche Leben und die unverwechselbaren Charaktere, die diese Stadt so einzigartig machen. Jedes Bild erzählt eine eigene Geschichte, fängt einen flüchtigen Moment ein und offenbart Details, die sonst vielleicht unbemerkt bleiben würden. In meinen Aufnahmen spiegeln sich die Dynamik und der Puls der Stadt wider.
Carla Susanne Erdmann
ALLE BILDER AUF DIESER SEITE: © Henry Freitag
EQUIPMENT: Leica M10-P, Elmarit-M 1:2.8/28 Asph

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Henry Freitag_Portrait (c) Henry Freitag_230519HF0187-2
© Henry Freitag

Geboren 1993 in Rheinfelden (Baden). Seit 2012 als selbstständiger Fotograf auch in den Bereichen Hochzeits-, Corporate-, Event-, Business-, Architektur-, Werbe- und Industriefotografie tätig. Studierte Fotografie in Berlin und absolvierte 2017 seinen Abschluss an der Ostkreuzschule für Fotografie. Seine Bilder waren unter anderem in der Photobastei Zürich, auf der Photo Schweiz und im Rahmen der ELF Abschlussausstellung der Ostkreuzschule im ehemaligen Kaufhaus Jandorf Berlin Mitte zu sehen. Freitag veröffentlichte zwei Bücher im Eigenverlag, Fitzcarraldo (2017) und New York Is New York Is New York (2017). Er lebt und arbeitet in Basel. Mehr

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