In der Stille der Natur

Frédéric Batier

19. Dezember 2023

Landschaften sind für ihn Orte der Geborgenheit: Der Fotograf sucht an einsamen Plätzen in der Natur nach sich selbst und hält in analogen, poetischen Schwarzweißaufnahmen die Umgebung fest.
LFI: Was fasziniert Sie an der Analogfotografie?
Frédéric Batier:
Faszination ist wohl das richtige Wort, denn ich habe schon mehrmals versucht, mich von der analogen Fotografie zu trennen. Aber erst vor wenigen Wochen habe ich mir wieder eine analoge Kamera gekauft … Die Charakteristik des Filmmaterials muss wohl einen Charme ausüben, den man mit der digitalen Technik nicht nachahmen kann. Es ist wie bei der Wahl eines Musikinstruments: Welches Instrument singt für mich am besten? Das kann man kaum rational begründen.

Was bewegt Sie dazu, Landschaften festzuhalten?
Landschaft ist der Ort der Einsamkeit, an dem ich mich aufgehoben fühle, ähnlich einer schützenden, abschirmenden Höhle. Meine Familiengeschichte hat mich zur Fotografie geführt, und da ich mich als Menschenfotograf nicht gut genug einschätze, habe ich mich im Alter von 20 Jahren der Landschaft gewidmet. Heute nähere ich mich wieder den Menschen. Warum die Landschaft festhalten? Vielleicht ist es einfach der Wunsch, durch das Landschaftsbild so gesehen zu werden, wie man wirklich ist. Die Landschaftsaufnahme als Selbstporträt.

Wie und wo finden Sie Ihre Landschaften, welchen Kriterien für eine Aufnahme folgen Sie?
Die Erfahrung zeigt, dass ich eher im Winter fotografiere, an einsamen, nebeligen Orten. Ich habe es auch sehr oft an sonnigen, feierlichen Tagen versucht, in Italien zum Beispiel, aber es bleibt doch weniger von diesen Momenten übrig als von den melancholischen, dämmerigen Wintertagen. Ich habe hauptsächlich im Norden Englands fotografiert, aber auch in Deutschland in der Uckermark, in Italien, in Frankreich und auf der kanarischen Insel La Palma. In den USA musste ich in Farbe fotografieren, das ist eine andere Welt. Wenn mich ein Ort anspricht, halte ich an und gehe durch die Landschaft.

Wie sieht Ihr fotografischer Prozess aus – und welche Bedeutung hat dabei die Leica-Kamera für Sie?
Für die Schwarzweißfotografie ist die ideale Kamera eine Leica M6 mit einem Summilux-M 1:1.4/50 Asph. Ich habe andere Kameras probiert, aber ich bin wegen der optischen Qualität immer wieder zu Leica zurückgekehrt. Nur durch dieses Objektiv erhalte ich zufriedenstellende Abzüge. Entscheidend für die Ergebnisse sind die Schärfe der Optik und die Wiedergabe der Schwarzweißtöne – da spielen kombiniert das Objektiv, die Filmemulsion und die Entwicklung eine Rolle. Ich bin wegen meiner Bewunderung für Henri Cartier-Bresson auf Leica gekommen. Die Kamera ist klein und gut tragbar; es muss schnell gehen, sonst fängt man an, zu viel nachzudenken. Der Belichtungsmesser der Leica M6 ist genial einfach, und das asphärische Summilux ist unübertroffen.

Inwieweit bestimmt die Schwarzweißproduktion die Ästhetik und den Aussagewert Ihrer Bilder?
Das Schwarzweiß hält meine Bilder zusammen, es verleiht meiner Arbeit sowohl eine förmliche Einheit als auch eine gewisse inhaltliche Zeitlosigkeit. Auch der Ort bleibt meist unbestimmt. Vielleicht geht es dabei um einen Schutzmechanismus gegen den drohenden Verfall der Landschaft.
Katja Hübner
ALLE BILDER AUF DIESER SEITE: © Frédéric Batier
EQUIPMENT: Leica M6, Summilux-M 1:1.4/50 Asph

Ausstellung+-

Seine Ausstellung Landschaften 1990-2023 findet vom 12.01. bis zum 02.02.2024 in Kunstwild - Projektraum für Fotografie, 12161 Berlin-Friedenau statt.

Frédéric Batier+-

© Julia von Vietinghoff
© Julia von Vietinghoff

1972 in Paris geboren, hat Frédéric Batier zu Beginn der 90er-Jahre ein Studium der Literatur- und Kunstgeschichte absolviert und parallel Erfahrungen in diversen Fotolaboren in der französischen Hauptstadt gesammelt, unter anderem als Praktikant in der Agentur Magnum. Seit 1997 lebt er in Berlin. Zunächst war er als Kameraassistent bei Filmproduktionen tätig, seit 2012 arbeitet er als Standfotograf. 2006 präsentierte die Accademia Raffaello in Urbino, Italien, seine Bilder in einer Ausstellung, die von einem Katalog begleitet wurde. Mehr

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