Auf der Flüchtlingsroute

Felix Kleymann

4. August 2016

Als im Sommer 2015 die Zahl der nach Europa fliehenden Menschen ihren Höhepunkt erreichte, entschloss sich Fotograf Felix Kleymann, ebenfalls diesen Weg zu gehen.
Als im Sommer 2015 die Zahl der nach Europa fliehenden Menschen ihren Höhepunkt erreichte, entschloss sich Fotograf Felix Kleymann, ebenfalls diesen Weg zu gehen: Anstatt von außen über die Schicksale auf der Flüchtlingsroute zu berichten, mischte er sich unter die Menschen und folgte ihrem Weg aus dem Nordirak über die Türkei und Lesbos bis nach Deutschland. Eine zweimonatige Odyssee, die ihn das Schicksal der Menschen hautnah erleben ließ.


Sie haben Ihre Reise im Sommer letzten Jahres angetreten, seitdem hat sich die Situation stark verändert – würden Sie sich heute noch einmal auf den Weg machen?

Grundsätzlich, ja! Die Erfahrung dieser Reise ist für mich persönlich so wertvoll, dass ich jederzeit wieder die Strapazen auf mich nehmen würde. Die Umstände entlang der Route und die Route selbst haben sich im letzten Jahr sehr stark verändert. Selbst als ich in den Irak geflogen bin, war die Route eine andere, als ich sie dann zwei Monate später vorgefunden habe. Jeder hat die Turbulenzen um das Camp an der griechischen Grenze in Idomeni mitbekommen. Als ich dort angekommen bin, waren alle Grenzen noch offen und die Überquerung hat einen Vormittag gedauert – nur zwei Monate später sah die Situation völlig anders aus. Die Route befand sich in einem ständigen Wandel und man konnte nie vorhersagen, wie und wo es genau weiter ging. Aber gerade diese Ungewissheit hat mir auch geholfen. Ich musste nicht viel planen, weil es keine Planungssicherheit gab – ich musste einfach improvisieren, so wie die anderen Menschen auch.


Haben Sie sich irgendwie an einem Roten Faden orientiert?

Ich wollte möglichst authentisch dem Pfad der Flüchtlinge folgen. Meine Arbeit war in zwei Phasen unterteilt. In der ersten habe ich die Lage im Irak und der Türkei dokumentiert, wo die meisten Geflüchteten dauerhaft bleiben und darauf warten, in ihre Heimat zurückkehren zu können. Im zweiten Teil, der eigentlichen Reise, bin ich den Flüchtlingen nach Europa gefolgt. Dabei war es mir sehr wichtig, eine möglichst authentische Erfahrung und Bilder der Situation zu machen, wie sie die Menschen selbst erlebt haben. Ich wollte von der Überfahrt auf dem Schlauchboot bis hin zum Nächtigen auf einer Bahnhofsbank die gleichen Erfahrungen sammeln, wie es alle anderen um mich herum auch gemacht haben. Solange es ging, habe ich mich nie als Fotograf oder Journalist ausgegeben.


Was hat Sie auf dieser Reise am stärksten berührt?

Ganz klar die Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft der Menschen, mit denen ich gereist bin oder die ich in den Camps und Unterkünften besucht habe. Es war nicht einfach zu verkraften, unter welch erbärmlichen Umständen die Menschen gelebt haben und mich trotzdem wie einen Freund empfangen haben und mir jedes mal Tee und Brot angeboten haben. Auch der Zusammenhalt auf der Route war überwältigend, jede Information wurde geteilt und weitergegeben. Andererseits war es für mich sehr schwierig zu erleben, wie diese Menschen alles hinter sich gelassen haben und mit großer Hoffnung gen Deutschland gereist sind, für mich ein unvorstellbares Szenario.
ALLE BILDER AUF DIESER SEITE: © Felix Kleymann

Felix Kleymann+-

Felix Kleymann wurde 1984 in Recklinghausen geboren. Nach dem Abitur erlangte Kleymann 2013 ein Diplom an der Fachhochschule Dortmund, an der er mit dem Schwerpunkt Fotografie studiert hatte. Die Serie Pacificação, die sie ebenfalls im LFI Blog sehen können, war seine Abschlussarbeit. Heute ist Kleymann als freiberuflicher Fotograf tätig. Mehr

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