Paris, 24. Mai 1968
Paris, 24. Mai 1968
Bruno Barbey
9. April 2021
In diesen Wochen entstand auch das hier gezeigte Motiv in der Nähe der Bastille und noch heute gibt es ein Kino in der Rue de Lyon, No. 12. Police sur la ville lautete der französische Titel des damals gerade angelaufenen amerikanischen Kinofilms Madigan von Don Siegel (in Deutschland unter dem Titel Nur noch 72 Stunden gezeigt). Die Story spielt zwar im New Yorker Polizei-Milieu, die beiden Hauptdarsteller Richard Widmark und Henry Fonda sind hier Gegenspieler in der repressiven Polizeihierarchie, doch wird die heruntergerissene Fassadenwerbung für den Film zur Barrikade und in Barbeys Aufnahme zum Symbol der Pariser Straßenkämpfe.
„Damals waren praktisch keine Filmkameras vor Ort, das französische Fernsehen befand sich im Streik – also beherrschte das Standbild das Tagesgeschehen. Die Fotografie spielte in dieser Zeit eine wahrhaft zentrale Rolle“, so Barbey: „Damals pickte ich mir auf den meist nicht sonderlich gut entwickelten Kontaktbögen einfach schnell heraus, was auf den ersten Blick am interessantesten aussah.“ Erst 40 Jahre später sollte der Fotograf seine Kontaktbögen und Abzüge noch einmal für eine Ausstellung genau sichten und Dinge entdecken, die er zunächst übersehen hatte. Und erst 2018 – 50 Jahre nach dem Pariser Mai – erschienen seine Aufnahmen auch als Buch: Au cœur de Mai 68 (Les Éditions du Pacifique). Zu diesem Zeitpunkt galt Bruno Barbey, seit 1968 auch Vollmitglied der Agentur Magnum, längst als einer der renommiertesten französischen Fotografen, dessen Zeitzeugenschaft immer wieder Geschichte geschrieben hat. (Ulrich Rüter)
Bild: © Bruno Barbey/Magnum Photos
Die LFI 03/2021 präsentiert eine Werkauswahl von Bruno Barbey als Leica Klassiker.
Bruno Barbey+-
am 13. Februar 1941 in Berrechid, Marokko geboren. Französische und Schweizer Staatsbürgerschaft. Nach dem Studium an der École des arts et métiers in Vevey, Schweiz, lebte er als Fotograf in Paris. Seine Fotografien veröffentlichte er in allen wichtigen internationalen Magazinen und in über 30 Bildbänden. Mit seiner Frau Caroline Thiénot-Barbey zahlreiche Dokumentarfilme. Viele Ausstellungen und Ehrungen, darunter der französische Nationale Verdienstorden. 2016 wurde Barbey zum Mitglied der französischen Akademie der Schönen Künste berufen. Am 9. November 2020 in Roubaix verstorben. Mehr