Serpent in the Wilderness
Serpent in the Wilderness
Andy Richter
14. März 2018
Andy Richter: Ich begann 2004 Yoga zu praktizieren und entschied mich im Laufe der Zeit, die Essenz dieser Praktiken durch Fotografie zu erforschen. Acht Jahre später begann ich das Projekt Serpent in the Wilderness – es ist tief in meiner eigenen Praxis und Erfahrung verwurzelt. Es ist mir wichtig zu erwähnen, dass mein Projekt keine umfassende Sicht auf Yoga bieten kann und soll. Es ist meine Erkundung – im wahren Sinne des Wortes. Meine Praktiken der Meditation führten mich in immer neue Gebiete, während die Arbeit am Projekt voranschritt. Ich versuche, die innere Erfahrung dessen, was beim Yoga vor sich geht, mit Kamera und Objektiv einzufangen.
Was bedeutete Yoga zum Beginn des Projekts für Sie?
Yoga ist Vereinigung: Eine Vereinigung des individuellen Bewusstseins mit dem Universellen, eine Vereinigung von Mikrokosmos und Makrokosmos. Es ist sowohl eine Methode der Selbstverwirklichung als auch ein Zustand des Seins. Es geht um Aufmerksamkeit und das eigene Bewusstsein. Es beginnt mit einem ethischen Lebensstil und bewegt sich über verschiedene Asanas (Haltungen) und die richtige Atmung hin zu immer tieferen Zuständen der Meditation. Das alles änderte sich für mich mit der Zeit nicht, doch während ich praktizierte, las und fotografierte wurde auch mein Verständnis darüber größer.
Wo und wann sind die Bilder entstanden?
Ich habe von 2012 bis 2016 an Serpent in the Wilderness gearbeitet, sowohl mit Blick auf die Wurzeln des Yoga, als auch auf zeitgenössische Formen. Es dauerte noch mehr als ein weiteres Jahr, um dem Buch Form zu geben. Ich verbrachte viel Zeit damit, auf drei verschiedenen Reisen in Indien zu fotografieren, denn dort wurde Yoga geboren. Ich arbeitete aber auch in China, Mexiko und in den Vereinigten Staaten. Während die äußere Form und der Kontext variieren können – von Sikhs der Kundalini-Tradition, über Bhakti-Yogis der Krishna-Bewusstseins-Bewegung bis hin zu städtischen Yogis in Spandex, die im Studio schwitzen – zielen alle Praktiken gleichsam auf ein höheres Bewusstsein, einen friedlichen Geist, einen gesunden Körper und ein mitfühlendes Herz.
Wie haben die Yogis reagiert, als sie von Ihrem Fotoprojekt erfahren haben?
Die meisten waren offen für meine Anwesenheit. Manchmal war es eine nonverbale Erlaubnis mit den Augen, bei anderen war eine formale Einladung nötig, um Zugang zu bekommen. Es war sehr wichtig, dass ich mit dem, was vor mir geschah, in Einklang stand. Mit Yogis, die in entlegenen Gebieten leben, musste ich eine sehr gute Bindung aufbauen und auf ruhige und sensible Weise arbeiten. Sie leben in Stille und haben ein höheres Bewusstsein. Anfangs war der Zugang eine Herausforderung, besonders bei hochverehrten Meistern. Als sich meine Arbeit weiterentwickelte und ich einen Grundstock von Fotografien hatte, öffneten sich die Türen einfacher.
Welche Ausrüstung haben Sie benutzt und wie hat sie Ihnen geholfen, Ihre Mission zu erfüllen?
Intuitiv und leise zu arbeiten war der Schlüssel. Die Verwendung einer M240 und einer M-P240 mit einem Summilux 1:1.4/35 und 50 mm erleichterte meine Arbeit sehr. Zu Beginn arbeitete ich mit einer M9 und ab und an mit einer S006. Ich kann bei allen Lichtverhältnissen effizient mit dem M-System arbeiten. Es ist so leise und unaufdringlich – perfekt für die Natur dieses Projekts.
Welche Bedeutung hat Yoga mittlerweile für Sie?
Yoga ist nicht einfach etwas, was man auf der Matte tut. Yoga liegt in der Natur unserer Beziehungen, in der Art und Weise, wie wir mit anderen interagieren, in unserem Bewusstsein und in unserer Präsenz – es schärft unsere Fähigkeit, klar zu sehen. Es hilft, die Filter zu entfernen, durch die wir die Welt oft wahrnehmen.
Inwiefern haben diese Reisen Ihre Wahrnehmung der Welt verändert?
Sie machten deutlich, dass das, was wir suchen, nicht auf der Welt existiert. Yoga bietet wahrlich eine Gelegenheit, Frieden zu erkennen. Man muss dazu nicht einmal nach Indien oder in ein Yoga-Zentrum gehen. Der Frieden ist in uns selbst. Was Yoga uns gibt, kann nicht gekauft und konsumiert werden – wir können es uns aber bewusst machen. Es ist ein Geschenk an die Menschheit und war ein wahrer Segen, das alles durch das Objektiv zu erforschen.
Andy Richter+-
Andy Richter lebt in Minneapolis und arbeitet weltweit als Dokumentar- und Werbefotograf. Seine Aufträge für Konzerne wie Adobe oder Nestlé, Publikationen wie das Time Magazine, Washington Post oder Al Jazeera sowie NGOs wie Unicef oder USAid haben Richter in über 40 Länder geführt. Mehr