Nash Street

Andrea Torrei

17. April 2023

Die italienische Fotografin dokumentierte in Wilson, North Carolina, die Straße als jenen Ort, an dem die Menschen zusammenkommen.
Mehr als einen Monat lang ist Andrea Torrei von morgens bis abends durch die Straßen von Wilson gelaufen und hat jeden Winkel der Stadt erkundet. Jeden Tag gab es für sie unerwartete Begegnungen und erstaunliche Entdeckungen – sie fotografierte Menschen mit Mut und im Zustand der Verzweiflung, mit Zuversicht und großen Hoffnungen für die Zukunft.

LFI: Was fasziniert Sie an der Street Photography, und was hat Sie in die Nash Street geführt?
Andrea Torrei:
Das Faszinierende an der Street Photography ist, dass ich mich von meiner Neugier und meinem Instinkt leiten lassen kann. Die Nash Street ist eine der Hauptstraßen im Zentrum von Wilson, North Carolina, wo jedes Jahr ein großes Fotofestival unter freiem Himmel stattfindet: Eyes on Main Street, gegründet und kuratiert von dem Fotojournalisten Jérôme de Perlinghi. Ich war Teil des Residency-Programms und wurde eingeladen, den ganzen Monat Dezember 2018 damit zu verbringen, das tägliche Leben in Wilson zu dokumentieren. Ich habe jede noch so kleine Ecke erkundet; die Nash Street, in der ich wohnte, wurde zum Zentrum vieler unerwarteter und willkommener Begegnungen.

Welche Beobachtungen haben Sie gemacht?
In den ruhigen Straßen beeindruckte mich der tiefe Sinn für die Religion, den ich hautnah spürte – etwa in den vielen Kirchen und Wohltätigkeitsvereinen, in denen sich die Leute nicht nur zum üblichen Sonntagsgottesdienst versammeln, sondern oft mehrmals in der Woche, um Menschen in Not zu helfen. Porträts auf der Straße zu machen ist zudem eine ganz andere Erfahrung als in einem Studio oder zu Hause. Auf der Straße muss man nicht nur sehr schnell sein, wenn es darum geht, alle Elemente zu beurteilen und zu arrangieren, vom Hintergrund bis zum Licht, von den Farben bis zu den störenden Elementen in der Umgebung, sondern man muss auch und vor allem das Vertrauen der Person gewinnen, die man fotografieren möchte. Es kann eine große Herausforderung sein, all das in wenigen Minuten oder sogar Sekunden zu bewältigen.

Warum haben Sie für Ihre Serie Schwarzweiß gewählt, was bedeutet das für die Porträts?
Für mich hat die Farbe ihr eigenes Leben. Sie trägt zur gesamten Geschichte bei, indem sie ein bestimmtes und eindeutiges Gefühl vermittelt. Sie muss etwas inhaltlich oder ästhetisch Relevantes beitragen. Für dieses Projekt spielen Farben keine besondere Rolle – ich habe schnell begriffen, dass Schwarzweiß hier besser funktionieren würde.

Wie haben Sie bei diesem Projekt mit der Leica Q gearbeitet, und wie haben Ihre Subjekte auf die Kamera reagiert?
Die Leica Q war und ist ein guter Begleiter. Robust, aber leicht und leise, sehr nützlich in vielen Situationen, zum Beispiel am Sonntag in der Kirche. Mit ihrem erstaunlichen ISO-Bereich ermöglichte sie es mir, mit sehr wenig Licht zu fotografieren. Und weil sie so unauffällig ist, haben die Leute sie nicht einmal bemerkt. Die perfekte Kamera für viele Situationen und vor allem für die Straßenfotografie!
Katja Hübner
ALLE BILDER AUF DIESER SEITE: © Andrea Torrei
EQUIPMENT: Leica Q, Summilux 1:1.7/28 Asph

LFI 3.2023+-

Eine weitere Strecke von Andrea Torrei über das Leben in Ghana finden Sie im LFI Magazin 3.2023. Mehr

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torrei
© private

Nach ihrem Abschluss in Politikwissenschaften studierte die in Rom geborene Torrei Fotografie und nahm an mehreren Seminaren und Workshops mit verschiedenen Fotografen teil, u. a. mit Peter Turnley und dem Magnum-Mitglied Nikos Economopoulos. Ihr Hauptinteresse gilt der Street- und Dokumentarfotografie, vorzugsweise arbeitet sie an persönlichen Projekten mit Schwerpunkt auf Gender- und Sozialthemen. Mehr

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