Orange Vests

Andreas Brücker

16. Juni 2020

Der Fotograf Andreas Brücker hat den Alltag von Motorbike-Taxifahrern in Bangkok dokumentiert und berichtet von halsbrecherischen Manövern, dem richtigen Timing für bewegende Aufnahmen und dem Fotografieren unter extremen Bedingungen.
Flink und wendig schieben sich täglich tausende Motorbike-Taxis durch die hoffnungslos überfüllten Straßen von Bangkok. Der Fotograf Andreas Brücker hat den Alltag dieser wagemutigen Fahrer dokumentiert und berichtet von halsbrecherischen Manövern, dem richtigen Timing für bewegende Aufnahmen und dem Fotografieren unter extremen Bedingungen.

LFI: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, die Motorbike-Taxifahrer zu porträtieren?
Andreas Brücker: Vor ungefähr sechs Jahren habe ich in Bangkok für eine Werbeagentur gearbeitet und ich bin häufig mit Motorradtaxis zur Arbeit gefahren, die teilweise mit bis zu 80 Stundenkilometern durch den dicht gedrängten Verkehr der Metropole fahren. Für mich war das immer eine sehr aufregende Erfahrung. Da ich die Taxis mit einer gewissen Regelmäßigkeit nutzte, kam ich schnell in Kontakt mit den teilweise recht kauzigen Fahrern und ich begann mich mehr für deren Arbeit und Leben zu interessieren. Aus dieser Zeit stammen auch die ersten Aufnahmen. Da ich seither regelmäßig Zeit in Bangkok verbringe, lag es nahe, diese Szene weiter zu beobachten und zu dokumentieren.

Wie lange dauerte das Projekt insgesamt an und was waren die größten Herausforderungen, die es dabei zu bewerkstelligen galt?
Das Projekt hat sich über mehrere Jahre gezogen, wobei die meisten Aufnahmen zwischen 2017 und 2020 entstanden sind. Was die Arbeit vor Ort angeht, gab es diverse Herausforderungen: Zum einen ist Bangkok eine der heißesten Städte der Welt und die Luft- und Umweltverschmutzung erzeugen eine stickige Hitze: Konstante 30 Grad, 90 Prozent Luftfeuchtigkeit und die Abgase alter Dieselmotoren von schweren Bussen und Lkw machen einen körperlich schon zu schaffen. Aber es lieferte mir auch einen Eindruck, unter welchen Bedingungen die Fahrer arbeiten. Das Aufnehmen der Bilder war ebenfalls von diversen Herausforderungen geprägt. Man muss sich nicht nur sehr konzentrieren, um die schnellen Fahrer im richtigen Moment zu erwischen, sondern gleichzeitig auch darauf achten, nicht vom nächsten, maßlos überladenen Truck überfahren zu werden, während man auf der Straße steht. Zum Glück ist aber nichts passiert.

Wie kann man sich einen typischen Arbeitstag im Zuge dieses Projekts vorstellen?
An einem normalen Arbeitstag verbrachte ich zwischen vier und acht Stunden auf den Straßen. Während der Rushhour morgens und abends ist es fast unmöglich, Porträts aufzunehmen, da die Fahrer voll ausgelastet sind und nur wenige Sekunden an den Stationen bleiben, bis der nächste Fahrgast aufspringt. Viele der Bilder sind von dieser Geschwindigkeit geprägt. Zwischen den Stoßzeiten haben die Fahrer Zeit für ein Schwätzchen und man kann das Leben an den einzelnen Stationen gut dokumentieren.

Ich vermute, Sie sind für dieses Projekt mit unzähligen Menschen in Kontakt gekommen. Wie fielen die Reaktionen der Porträtierten aus?
Das ist korrekt. Natürlich hat jeder Fahrer seine ganz eigene Geschichte und man kann die Reaktionen nicht alle über einen Kamm scheren. Bei einer gewaltigen Mehrheit bin ich jedoch auf sehr offene und zufriedene Persönlichkeiten gestoßen. Obwohl der Job in Thailand gesellschaftlich nicht besonders angesehen ist und es aufgrund des chaotischen Verkehrs zu vielen Unfällen kommt, waren viele Fahrer offenbar sehr glücklich mit ihrem Job. Sie haben mir erzählt, dass sie besonders die Freiheiten der Arbeitszeiten und ihre Selbstständigkeit schätzen. Auch wenn die Bezahlung nicht sehr gut ist, ein Fahrer verdient im Schnitt zwischen 700 und 1000 Baht pro Tag, also ungefähr 25 Euro, und der Job gefährlich und anstrengend ist, hat mich die Gelassenheit und Lebensfreude der Fahrer sehr beeindruckt. Quasi jeder Fahrer kann von Unfällen erzählen, sei es durch rücksichtslose Autos im Verkehr oder betrunkene Gäste auf der Rückbank des Bikes. Auf die Frage, wie lange sie den Job noch machen wollten, war die Standardantwort häufig: „Bis es nicht mehr geht.“
Danilo Rößger
ALLE BILDER AUF DIESER SEITE: © Andreas Brücker
EQUIPMENT: Leica M9 mit Summarit-M 1:2.4/35 Asph und Elmar-M 1:2.8/50

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© Hugo Arts

Andreas Brücker wurde 1988 in Tübingen geboren und zog mit 15 Jahren nach Dresden. Nach seinem Studium in Stuttgart lebte und arbeitete er einige Jahre im Ausland. Während dieser Zeit entdeckte er seine Liebe für die Fotografie und begann mit kleineren Auslandsreportagen, u. a. für die Stuttgarter Zeitung. Aktuell leitet er die Werbeagentur TJPA und ist Herausgeber von TJP Magazine, einem Online-Format für Visual Storytelling und Travel Photography. Die Stock-Photo-Plattform unsplash.com zählt Andreas Brücker zu den Top 10 Prozent der beitragenden Fotografen mit über 10 Millionen Aufrufen und 100.000 Downloads seiner Bilder. Mehr

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