Heinrich Janke kam 1930 in Graudenz (Grudziądz) im heutigen Polen zur Welt. Ende 1944 war die Familie nach Celle geflüchtet, wo Janke seine Schulausbildung beendete und eine Schreinerlehre absolvierte. Anschließend studierte er Bildhauerei in Hannover. Seit 1954 war er bei der Ernst Leitz GmbH und später bei der Leica Camera AG tätig. Zu seinem Anfang bei Leica wird folgende Anekdote erzählt:
Kurz bevor die M3 nach langjähriger Entwicklungszeit auf den Markt kam, ist Ludwig Leitz, der die Gesamtleitung für die Konstruktion der M3 damals innehatte, nach Hannover gefahren, um dort Professor Scheuernstuhl, Leiter der Abteilung Plastik an der Werkkunstschule, zu treffen und einen jungen, talentierten Formgestalter für die neue Kamera zu finden. Vor Ort traf er im Atelier den 24-jährigen Janke bei der Arbeit an einer Bronzeskulptur. Da Leitz selbst Bildhauer war, fanden die beiden schnell ins Gespräch und unterhielten sich eine Weile angeregt. Schließlich fragte Leitz Janke, ob er sich denn auch vorstellen könne, bei der Ernst Leitz GmbH anzufangen und an der Konzeption einer Kamera mitzuwirken. Janke bejahte die Frage. Dann verabschiedeten sie sich, ohne konkrete Abmachungen getroffen zu haben.
Mehrere Monate vergingen, das Treffen geriet in Vergessenheit, bis eines Tages bei Janke das Telefon klingelte – wo er denn bleibe, fragte die Personalabteilung der Ernst Leitz GmbH, man würde auf ihn in Wetzlar schon längst warten.
Und so kam Heinrich Janke nach Wetzlar und fand dort seine neue Heimat. Als studierter Bildhauer brachte er ein feines Gespür für die Symbiose von Technik und zeitloser Ästhetik mit. Konsequent strebte er eine ästhetisch reine Formgebung an, bei der Funktion und Ergonomie der Geräte immer im Vordergrund standen. Sein Leitsatz „Wenn ein Gerät von innen her gewachsen ist und seine Elemente richtig konzipiert worden sind, dann muss es eigentlich zu einer äußeren ‚Schönheit‘ kommen, die ihm eine Beständigkeit auf längere Zeit gibt“ wirkt bis heute bei Leica nach.
Janke verlieh unzähligen Leica-Produkten ihre Form: von der M2 und (fast) allen folgenden M-Modellen über die R4 bis zu den Trinovid-Ferngläsern. Außerdem war er einer der Schöpfer und vehementer Befürworter des roten Leitz- und später Leica-Punkts, der bis heute die Marke Leica prägt. Als Chefdesigner blieb er dem Unternehmen bis 1989 treu.
Nach seiner Pensionierung blieb Janke künstlerisch als Bildhauer aktiv, seine Bronzeskulpturen prägen das Stadtbild Wetzlars mit. Nebenher unterrichtete er 14 Jahre Kunst und Design an der Volkshochschule und sechs Jahre in der Goetheschule in Wetzlar. Jahrelang war er ehrenamtlicher Kreisdenkmalpfleger des Lahn-Dill-Kreises. 2001 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen, und 2007 folgte die Verleihung des „Ehrenamtspreises für vorbildliches Engagement in der Denkmalpflege“ durch das Landesamt für Denkmalpflege Hessen.
Heinrich Janke starb im Alter von 93 Jahren am 16. Oktober 2023. Wir trauern mit seiner Familie und allen Angehörigen.
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